Donnerstag, 8. Dezember 2011

Der Esel und der Mops

Ein plumper Geist lernt niemals leben,
Und wollen Tölpel artig seyn,
So ists, als fiel es Krüppeln ein,
Das lobende Geklatsch des Pöbels zu erstreben,
Und auf dem straffen Seil im Tanz den Fuß zu heben.
Die Ungezwungenheit ist nur,
Wenn hier mein Urtheil gilt, der Artigkeiten Seele;
Und dies schenkt bloß die Natur,
Nie aber ich mir selbst, wenn ich schon viel mich quäle,
Und mir die besten Muster wähle,
Aufmerksam auch auf jeder Reizung Spur,
Durch meinen Fleiß des Gröbern nicht verfehle.

Für unsern Geist schickt sich des andern Artigkeit,
So wie zu Herkuls Leib ein Frauenzimmerkleid.
Wie könnt ein Cato selbst des Lachens sich enthalten;
Wollt einst sich ein Husar sein bartichtes Gesicht,
Auf dem in fürchterliche Falten
Sich die verbrannt Stirne bricht,
Vor Spiegeln nach der Kunst mit Pflästerchen bekleben,
Die nur der Chlors Schönheit heben!
Und wenn die Fabel uns erzählt,
Daß, bey dem Herrn sich recht beliebt zu machen,
Ein Esel Schmeicheleyen wählt,
Wer kann das hören, und nicht lachen?
***
Ein Mops in seinen besten Jahren,
Schön, munter, schmeichlerisch, gewandt,
In allen Künsten wohl erfahren,
Die man für Möpse je erfand;
Stund bey der Frau in großer Gnade,
Nahm sein besondres Poslter ein,
Und trank mit ihr, als müßt es seyn,
Recht altklug seine Chocolade.

Die Kläger weihen ihm Gedichte;
Denn, wer Processe führt, ist schlau.
Der Mann regiert die Stadtgerichte,
Die Frau den Mann, der Mops die Frau.
Processe bald beglückt zu schliessen,
Kömmt man beym Mopse streichelnd ein;
Und, von der Frau geküßt zu seyn,
Muß selbst der Mann den Mops erst küßen.

Der Esel sieht in steten Freuden
Des Hündchens Lebenszeit vergehn.
Konnt ers wohl sehn, und nicht beneiden?
Den Esel möcht ich doch wohl sehn!
Des Fehlers durft er sich nicht schämen;
Da sich der Mensch ihn leicht verzeiht:;
Wer mag wohl nach der Billigkeit
Ihn armen Eseln übel nehmen?

Er denkt: Ich muß die Lasten tragen,
Womit mein Treiber mich beschwert.
Man schlägt mich stets; und die mich schlagen,
Sind oftmals gleicher Treiber werth.
Könnt ich die Gunst des Herrn erschleichen!
Ach! wie erschlich ich sie so gern!
Lebt nicht mit Kind, mit Frau, mit Herrn,
Das Möpschen, wie mit seines gleichen?

Ihm stehet alles zu Gebote.
Es wird gestreichelt, und geküßt.
Warum denn nun? Es giebt die Pfote.
Je wenn es sonst nichts weiter ist!
Mein Elend ist gewiß gehoben:
Das sucht mein Herr wohl nicht in mir.
Es lebe doch ein kluges Thier!
Ich muß den Einfall selber loben.

Ey freylich! Wer wollt ihn nicht loben?
Der feine Scherz war sein Beruf;
Und das bewies er durch die Proben.
Wie artig schmeichelte sein Huf!
Den Herrn, der einst das Hündchen streichelt,
Stößt er damit ans Kinn, und schreyt;
Do so, daß er aus Zärtlichkeit
Fast alle Zähn ihm ausgeschmeichelt.

Der Herr erschrickt vor dieser Ehre.
Er spricht: Das Thier scherzt, glaub ich, gar?
Und giebt ihm durch den Stock die Lehre:
Bey Schwerzen laufe man Gefahr;
Es sey die Gabe, zu gefallen,
Ein Vorrecht, das der Himmel giebt;
Und was die Welt an einem liebt,
Das liebe sie drum nicht an allen.

Herrn Johann Adolf Schlegels
Fabeln und Erzählungen
Zum Druck befördert von
Carl Christian Gärtner
Leipzig 1796

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