Sonntag, 31. August 2008

Die reisende Fabel

Die arme Tochter des Äsop,
Die Fabel, reiste von Athen,
Entfernte Länder zu besehn.
Wer sie erblickte, der erhob
Ihr Wesen, ihren Gang,
Und ihren Anzug. Nicht zu lang
Und nicht zu kurz, war er bequem:
Wohin sie kam, da war sie angenehm.
Zu Rom schenkt ihr ein feinres Kleid
Ein Freigelassener 1) des Kaisers seiner Zeit,
Es stand ihr wohl, es war gemacht
Nett, aber ohne Pracht!
Dann reiste sie darin, noch blöde, nach Paris;
Ein edler Ritter 2) nahm sie auf, und unterwies
Das wohlerzogne Kind, das seine Freundin ward,
In Sitten und in Putz, nach seiner Landesart.
Auch nahm er einst sie mit, in einer Gallanacht,
An Ludwigs Hof, in Hofestracht.
Und weil der jungen Maintenon 3)
An Geist und Schönheit sie vollkommen glich,
So zog sie allsobald des Königs Aug' auf sich.
Was hatte sie davon?
Er rühmte sie den Prinzen, sie gefiel!
Und einst beim Spiel,
Nannt' er, in Gnaden, sie: die Menschenlehrerin!
Ich? Ihro Majestät! ich bin
Nur eine Zeitvertreiberin! 4)
Mich hören Kinder nur so gern!
Ich? Lehrerin? der Menschen? das sei fern!
Was recht und Tugend ist, zu lehren und zu preisen,
Das überlaß' ich Herrn,
Und Königen, und Weisen!

Anmerkungen:

1) Phädrus.
2) La Fontaine.
3) Der Geliebten Ludwig XIV., Königs von Frankreich.
4) Weil selbst ein Bodmer diesen Scherz für Ernst genommen hat, wie solches erweislich ist aus seiner Vorrede zu den Fabeln des von Knonau (Zürich 1757), so scheints nicht überflüssig, zu sagen, daß die reisende Fabel hier eine Spötterin ist.


Johann Wilhelm Ludwig Gleim

Montag, 25. August 2008

Die Fabel ist eine symbolische Moral …

… Die Fabel ist eine symbolische Moral; das Vergnügen, das sie unserer Imagination gewährt, beruht in der Seltenheit und Neuheit der Personen, die darin auftreten … Ein weiterer Vorzug der Fabeln ist, daß sie uns die beschämende Wahrheit vorhalten, daß wir mit all unseren vermeinten Vorrechten nicht gescheiter handeln als Kreaturen, die wir gewohnt sind sehr niedrig zu setzen und endlich, daß sie uns unter fremden Namen die eigenen Fehler vorhalten. Die Fabel dient vor allem zur Belehrung von solchen Leuten, deren Verstand zu den philosophischen Raisonnements zu schwach ist. …

F. Braitmaier
in: Geschichte der poetischen Theorie und Kritik.
Von den Diskursen der Maler bis auf Lessing,
Frauenfeld 1888, S. 39

zu Ausführungen von Bodmer und Breitinger

Sonntag, 24. August 2008

Magnus Gottfried Lichtwer


Quelle (Foto): Wikipedia

Magnus Gottfried Lichtwer


Der Sohn eines Juristen wurde am 30. Januar 1719 in Wurzen geboren. Der Vater starb, als der Sohn zwei Jahre alt war. Er hatte aber Glück, denn von seinem Vormund, dem Stiftskanzler Zahn, wurde er gefördert und konnte ab 1743 an der Universität Leipzig studieren (Geschichte, Jura, Philosophie). Er wechselte später an die Universität Wittenberg und schloss sein Studium erfolgreich als Dr. jur. und Magister der Philosophie ab.

Auf Grund eines Unfalls wurde Lichtwer fast völlig blind. Das schadete aber weder seiner Karriere noch seiner schriftstellerischen Arbeit. Lichtwer war an der Universität Wittenberg ab 1747 als Privatdozent tätig. Angeregt durch die Philosophie des Christian Wolff veröffentlichte Lichtwer 1758 das Lehrgedicht »Das Recht der Vernunft«. Bereits 1748 waren Lichtwers »Aesopische Fabeln« erschienen.
Lichtwer heiratet 1749 in Wittenberg Henriette Sophie Albinus und ließ sich mit seiner Familie, die sich nach und nach um 3 Töchter erweiterte, in Halberstadt nieder. Hier wurde er 1751 zum »Wirkl. Königl. Regierungsrath« ernannt und erhielt dadurch eine Anstellung in der Verwaltung, in der er es bis zum Konsistorialrat (1760) und zum Strafrichter (1762) brachte. Als Richter war er auch Abgeordneter in der Landesdeputation.

Magnus Gottfried Lichtwer starb im Alter von 64 Jahren am 7. Juli 1783 in Halberstadt.

Horst-Dieter Radke

Samstag, 23. August 2008

Der Pfau und der Kranich


Als eines Tages ein Pfau und ein Kranich spazieren gingen, breitete ersterer sein prächtiges Gefieder aus, und forderte mit stolzen Worten den Kranich auf, einen eben so schönen Schweif zu zeigen. Dieser erhob sich plötzlich in die Luft und rief dem eitlen Pfau zu, ihm zu folgen, wenn er könne! »Ihr bewundert euer Gefieder,« - fuhr er fort - »und wahrlich, es ist schön, aber es dient zu nichts; ich dagegen durchschneide mit meinen einfachen Schwingen den ungeheuren Luftraum, und trage mich nach allen Gegenden hin.«

Äsop (aus einem Buch a.d.19. Jh, Übersetzer unbekannt)

Freitag, 22. August 2008

Kritik an Lessing

Wäre Lessings scharfsinnige betrachtung wie in die griechische fabel ebenso tief in die altdeutsche gedrungen und durch umfassendere historische studien unterstützt worden; so hätten wir diesem geistreichen mann vielleicht die fruchtbarsten erörterungen unserer thierfabel zu danken. Den abstand des Phädrus von Äsop hat er aufgedeckt, auch die schwäche der lafontainischen fabel gegenüber der äsopischen blieb ihm unverborgen. Sein irthum lag darin, dass er in den besten griechischen stücken den gipfel, nicht in allen schon das sinken und die sich zersetzende kraft der alten thierfabel erblickte. zu dieser können die apologe, die er selbst gedichtet, sich nicht anders verhalten als ein epigramm in scharfzielender gedrungeheit zu der milden sinnlichen, von dem geiste des ganzen eingegebenen dichtung des alterthums. Das naive element geht den lessingischen fabeln ab bis auf die leiseste ahnung.

Jacob Grimm aus:
»Reinhart Fuchs«, Berlin, 1834
(Cap.I, XVIII)

Donnerstag, 21. August 2008

Der Fuchs und das Eichhorn


ⓒ Jeremias Radke

In sichrer Höh’ gerader Eichen
Sah Reinecke von ungefähr
Ein braunes Eichhorn hin und her
Ringfertig durch die Gipfel streichen.
O mein Herr Vetter! rief der Dieb,
Es ist mir ja von Herzen lieb,
Dich unverhofft hier zu begrüßen,
Ich brenne seit geraumer Zeit
Vor Sehnsucht und vor Zärtlichkeit
So einen nahen Freund zu küssen.

Das muß ich wohl mit Dank erkennen,
Versetzt das Eichhorn, daß du mich
So heftig liebst, ich bitte dich,
Kannst du mir deinen Namen nennen?
Zu dienen, Eichhorn heißet er,
Dein Vater, tröst ihn, Jupiter,
Und meiner waren rechte Brüder,
Vollbürtge Brüder, und wir sind
Im andern Grad gesippet, mein Kind!
O steige doch geschwind’ hernieder.

So! Sind wir zween so nahe Vettern,
Antwortete das Eichhorn drauf,
So werd’ ich, nimms nicht übel auf,
Annoch ein wenig höher klettern.
Denn meine Mutter lehrte mich,
Daß unter nahen Vettern sich
Die Eintracht allzeit stärker nähre,
Je weiter hier auf dieser Welt,
Wo Mein und Dein uns Fallen stellt,
Der eine von dem andern wäre.

Der gute Fuchs ging seine Straße,
und dachte, daß der Unterricht
Von seiner alten Muhme nicht
Auf all’ und jede Fälle passe,
Nur dieses fiel, mit alle dem
Dem alten Heuchler unbequem,
Dass sein Gewissen ihn belehrte,
Daß unter die, bei denen man
Die Lehre wirklich brauchen kann,
Er und sein Vetter auch gehörte.

Magnus Gottfried Lichtwer

Mittwoch, 20. August 2008

Der Fuchs ohne Schwanz

Der Fuchs hatt' seinen Schwanz verloren.
»Hört!« fing er an vor allen Ohren,
»Ihr Brüder, hört, was soll der Schwanz?
Bin ich ohn' ihn nicht ganz?
Seht mich an! sehet Ihr?«
»Ja, freilich sehen wir,
Du kluges Thier,
Woran es Dir gebricht;
Sonst riethest Du's auch nicht!«

Gehört zur Fabel Poesie?
»Nein! denn mir fehlet die.«
Gehört zur Fabel Witz?
»Ja! denn die mein' ist spitz.«

Johann Gottfried Herder

Dienstag, 19. August 2008

In Fabeln spricht das Meer …



In Fabeln spricht das Meer, die Elemente hören,
Der harte Fels gebiert, die Thier’ und Vögel lehren,
Es reden Baum und Stein, der Wurm, die Fliege spricht,
Und jedes Wesen giebt uns Lehr’ und Unterricht:

Die Wahrheit wird zum Traum, man siehet Drachen fliegen,
Und ein ganz Kranichheer mit den Pygmäen kriegen,
Hier gilt, was Menschen Witz von einer andern Welt,
Nur jemals im Gehirn sich möglich vorgestellt.

Glaubt nicht, als ob der Zweck nur die Vergnügung wäre,
Der Fabelzucker deckt oft eine bittre Lehre.
Der Leser sieht das Bild, er lacht des Fuchses List,
Merkt aber schamroth oft, daß er getroffen ist.

Die Fabel, die nicht lehrt, kehrt sich in leere Dünste,
Und füllt das Haupt mit Rauch; das sind der Perser Künste.
So träumt ein wilder Kopf, erhitzt vom Sonnenbrand,
Der, wo er nu hin sah, Gespenst und Riesen fand.

Aesop, der häßlichste von Xantus Sudelknechten,
Lehrt in zwei Stunden mehr, als sie in tausend Nächten,
Und Reinecke der Fuchs, giebt wie ein Morhof sprach,
Dem göttlichen Homer an Weisheit wenig nach.

Magnus Gottfried Lichtwehr

Reinhart Fuchs



UErnemet vremde mere,
die sind vil gewere,
von eime tiere wilde,
da man bi mag bilde
nemen vmme manige dinch.
iz keret allen sinen gerinch
an trigen vnd an chvndikeit,
des qvam iz dicke in arbeit.
Iz hate vil vnchvste erkant
vnd ist Reinhart vuchs genannt.

Heinrich der Glîchezâre
zitiert aus: Reinhart Fuchs Hrsg.,
übersetzt und erläutert von
Karl-Heinz Göttert,
Stuttgart 2005

Kritik an La Fontaine

In Frankreich möchte es bald an der zeit sein, das lang überschätzte verdienst Lafontaines auf seinen wahren werth zurückzuführen. Wenn schalkhafter witz, frivole anspielung auf den weltzustand, epigrammatische wendung in der thierfabel an ihrer stelle sind, so muss er ein trefflicher fabulist heißen. aber selbst einzelne naive züge, die ihm allerdings noch zu gebot stehen, können nicht die verlorne einfalt des ganzen ersetzen; er ist ohne epischen tact, und viel zu sehr mit sich beschäftigt, als dass er bei der entfaltung des alten materials, welches er oft zu grund richtet, verweilen wollte. jene eigenschaften thun daher nicht selten eine widerwärtige störende wirkung, die sättigende fülle der wahren thierfabel hat er nie erreicht. seine leichte, gewandte erzählungsgabe soll nicht verkannt werden, aber von der äsopischen natürlichkeit, selbst der phädrischen präcision ist er absichtlich gewichen, um in einem freien und losen versmass die arbeit nach dem geschmack seiner zeit aufzuheitern …

Jacob Grimm
Reinhart Fuchs, Berlin 1834
(Cap. I, Vom Wesen der Thierfabel, S. XVII)

Sonntag, 17. August 2008

Der Fuchs und der Tiger

ⓒ Mirjam Radke

Fab. Aesop. 159

»Deine Geschwindigkeit und Stärke«, sagte ein Fuchs zu dem Tiger, »möchte ich mir wohl wünschen.«
»Und sonst hätte ich nichts, was dir anstünde?« fragte der Tiger.
»Ich wüßte nichts!«
»Auch mein schönes Fell nicht?« fuhr der Tiger fort. »Es ist so vielfarbig als dein Gemüt, und das Äußere würde sich vortrefflich zu dem Innern schicken.«
»Eben darum«, versetzte der Fuchs, »danke ich recht sehr dafür. Ich muß das nicht scheinen, was ich bin. Aber wollten die Götter, daß ich meine Haare mit Federn vertauschen könnte!«

Gotthold Ephraim Lessing

Samstag, 16. August 2008

Der Fuchs und die Elster



Zur Elster sprach der Fuchs: »O, wenn ich fragen mag,
Was sprichst du doch den ganzen Tag?
Du sprichst wohl von besondern Dingen?«
»Die Wahrheit«, rief sie, »breit ich aus.
Was keines weiß herauszubringen,
Bring ich durch meinen Fleiß heraus,
Vom Adler bis zur Fledermaus.«
»Dürft ich«, versetzt der Fuchs, »mit Bitten dich beschweren:
So wünscht ich mir, etwas von deiner Kunst zu hören.«

So wie ein weiser Arzt, der auf der Bühne steht,
Und seine Künste rühmt, bald vor, bald rückwärts geht,
Ein seidnes Schnupftuch nimmt, sich räuspert, und dann spricht:
So lief die Elster auch den Ast bald auf, bald nieder,
Und strich an einem Zweig den Schnabel hin und wider,
Und macht ein sehr gelehrt Gesicht.
Drauf fängt sie ernsthaft an, und spricht:
»Ich diene gern mit meinen Gaben,
Denn ich behalte nichts für mich.
Nicht wahr, Sie denken doch, daß Sie vier Füße haben?
Allein, Herr Fuchs, Sie irren sich.
Nur zugehört! Sie werdens finden,
Denn ich beweis es gleich mit Gründen.

Ihr Fuß bewegt sich, wenn er geht,
Und er bewegt sich nicht, solang er stillesteht;
Doch merken Sie, was ich itzt sagen werde,
Denn dieses ist es noch nicht ganz.
Sooft Ihr Fuß nur geht, so geht er auf der Erde.
Betrachten Sie nun Ihren Schwanz.
Sie sehen, wenn Ihr Fuß sich reget,
Daß auch Ihr Schwanz sich mit beweget;
Itzt ist Ihr Fuß bald hier, bald dort,
Und so geht auch Ihr Schwanz mit auf der Erde fort,
Sooft Sie nach den Hühnern reisen.
Daraus zieh ich nunmehr den Schluß:
Ihr Schwanz, das sei Ihr fünfter Fuß;
Und dies, Herr Fuchs, war zu beweisen.«

***
Ja, dieses hat uns noch gefehlt!
Wie freu ich mich, daß es bei Tieren
Auch große Geister gibt, die alles demonstrieren!
Mir hats der Fuchs für ganz gewiß erzählt.
»Je minder sie verstehn«, sprach dieses schlaue Vieh,
»Um desto mehr beweisen sie.«

Christian Fürchtegott Gellert

Freitag, 15. August 2008

Fabel als Gemeingut

Mich dünkt, die äsopische fabel, deren geschwächte, auf eine ältere, kräftigere gestaltung hinweisende form nicht zu verkennen ist, müsse eben durch die vorstellung an bedeutsamkeit gewinnen, dass ihr ein gemeingut zum grund liege, das seit frühster zeit stammverwandten völkern, ohne nachweisliche übergänge von einem auf das andere, zugehöre.

Jacob Grimm
(aus »Reinhart Fuchs«, Berlin, 1834)

Donnerstag, 14. August 2008

Äsop


Foto: Quelle

Äsop
(altgriechisch Αἴσωπος), wird als der älteste griechische Fabeldichter und Begründer der europäischen Fabeldichtung angesehen. Er lebte wahrscheinlich um 600 v. Chr. und stammte mutmaßlich aus Phrygien. Er soll hässlich und bucklig gewesen sein, als Sklave bei verschiedenen Herren gedient haben, bis ihn der letzte freiließ. Danach soll er auf Reisen gegangen und der Legende nach auch am Hofe des Königs Krösus von Lydien aufgetaucht sein. Auf einer Reise nach Delphi haben nach Aristophanes die Priester ihn wegen Gotteslästerung getötet.

Vermutlich beruhen die äsopischen Fabeln auf einer älteren Tradition und sind von diesem nur weiter ausgebildet worden. Da aber keine einzige Fabel direkt von ihm überliefert wurde, sondern nur mündlich weitergeben und später durch andere griechische und römische Fabeldichter (Phaedrus, Babrios, Avianus) aufgezeichnet wurden, ist auch die tatsächliche Existenz Äsops nicht letztendlich gesichert.

Die Äsopischen Fabeln begründen auch die europäische Fabeltradition, denn Sie wurde im Mittelalter in lateinischer Form, später dann in deutschen Übertragungen verbreitet. Ein großer Freund der äsopischen Fabeln war Luther, von dem es einige Fabelübersetzungen ins Deutsche gibt. Lessing knüpft mit seinen Fabeln bei den äsopischen Fabeln an und bezeichnet sie als den Höhepunkt der Fabeldichtung überhaupt – was ihn jedoch nicht hindert, auch Kritik zu üben.

Horst-Dieter Radke

Wolf und Fuchs

ⓒ Jeremias Radke

Die classischen thiere der fabel sind der fuchs und der wolf. es wäre geradezu unmöglich zwei andere an ihre stelle zu setzen, die gleich vortrefflich alle erfordernisse der fabel erfüllen könnten. …


Eine bezeichnung des fuchses, worauf ich vorzügliches gewicht lege, ist die, dass er überall als rathgeber vorgestellt wird, wozu ihn auch seine verschlagenheit vollkommen eignet. …

ⓒ Jeremias Radke

In der bezeichnung diebisch, teuflisch, ungetreu treffen beide, fuchs und wolf, zusammen. …


Jacob Grimm (aus »Reinhart Fuchs«, Berlin, 1834, Cap. II)

Mittwoch, 13. August 2008

Reineke Vos

Nobel, de konninck van allen deren,
Hêlt hoff unde leet den ûthkrejeren
Syn lant dorch over al.
Dâr quemen vele heren mit grotem schal,
Ok quemen to hove vele stolter gesellen,
De men nicht alle konde tellen:
Lütke de krôn unde Marquart de hegger;
Ja, desse weren dâr aller degger
Wente de konninck mit synen heren
Mênde to holden hoff mit eren,
Mit vrouden unde mit grotem love
Unde hadde vorbodet dâr to hove
Alle de dere grôt unde klene
Sunder Reinken den vos allene;
He hadde in den hof so vele midân,
Dat he dâr nicht endorste komen noch gân.

nach der Lübecker Ausgabe
gedruckt von Hans van Ghetelen 1498
herausgegeben von Hoffmann von Fallersleben (1852).
Auf der hochdeutschen Übertragung von 1544 basiert Goethes Reineke Fuchs.

Reineke Fuchs

Nobel, der König, versammelt den Hof; und seine Vasallen
Eilen gerufen herbei mit großem Gepränge; da kommen
Viele stolze Gesellen von allen Seiten und Enden,
Lütke, der Kranich und Markart der Häher und alle die Besten.
Denn der König gedenkt mit allen seinen Baronen
Hof zu halten in Feier und Pracht; er läßt sie berufen
Alle mit einander, so gut die großen als kleinen
Niemand sollte fehlen! und dennoch fehlte der eine,
Reineke Fuchs, der Schelm! der viel begangenen Frevels
Halben des Hofs sich enthielt. So scheuet das böse Gewissen
Licht und Tag, es scheute der Fuchs die versammleten Herren.
Alle hatten zu klagen, er hatte sie alle beleidigt,
Und nur Grimbart, den Dachs, den Sohn des Bruders, verschont er.

Johann Wolfgang von Goethe

Dienstag, 12. August 2008

Der Fuchs und der Hahn

ⓒ Jeremias Radke

Ein Hahn saß auf einem hohen Gartenzaun und kündete mit lautem Krähen den neuen Tag an. Ein Fuchs schlich um den Zaun herum und blickte verlangend zu dem fetten Hahn empor.

»Einen schönen guten Morgen«, grüßte der Fuchs freundlich, »welch ein herrlicher Tag ist heute!«

Der Hahn erschrak, als er seinen Todfeind erblickte, und klammerte sich ängstlich fest.

»Brüderchen, warum bist du böse mit mir? Laß uns doch endlich Frieden schließen und unseren Streit begraben.« Der Hahn schwieg noch immer. »Weißt du denn nicht«, säuselte der Fuchs mit sanfter Stimme, »daß der König der Tiere den Frieden ausgerufen hat? Er hat mich als seinen Boten ins Land geschickt. Komm schnell zu mir herunter, wir wollen unsere Versöhnung mit einem Bruderkuß besiegeln. Aber beeile dich, ich habe noch vielen anderen diese freudige Nachricht zu bringen.«

Der Hahn schluckte seine Furcht hinunter und sagte sich: »Diesem verlogenen Gauner komme ich nur mit seinen eigenen Waffen bei.« Und mit gespielter Freude rief er: »Mein lieber Freund, ich bin tief gerührt, daß auch du des Königs Friedensbotschaft verbreitest. Ja, laß uns Frieden schließen. Es trifft sich gut, denn gerade sehe ich zwei andere Boten auf uns zueilen. Wir wollen auf sie warten und gemeinsam das glückliche Fest feiern. Du kennst sie recht gut, es sind die Wachhunde des Gutsherrn.«

Kaum hatte der Fuchs diese Kunde vernommen, war er aufgesprungen und eiligst davongerannt.

»He, warte doch!« krähte der Hahn hinter ihm her. »Ich habe noch sehr viel zu tun«, keuchte der Fuchs aus der Ferne, »ich hole mir den Friedenskuß ein andermal von dir. Du kannst dich darauf verlassen.« Der Hahn freute sich, daß ihm die List gelungen war.

Der Fuchs aber war verärgert. Er hatte alles so klug eingefädelt, und just in diesem Augenblick mußten seine ärgsten Feinde auftauchen und alles verderben.

Aber, wo blieben sie denn?

Der Fuchs verlangsamte seine Schritte und blickte sich um. Niemand folgte ihm, auch hatte er kein Bellen gehört. Sollte dieser alte Hahn ihn reingelegt haben? Ausgerechnet so ein aufgeplusterter, dummer Hahn?

Jean de La Fontaine
(Quelle: Projekt Gutenberg)

Montag, 11. August 2008

Fabeln im Mittelalter

Die Äsopischen Fabeln (mhd. fabele, lat. fabula) waren in lateinischer Fassung (Vers- und Prosaform) überliefert und wurden in ganz Europa als lehrhafte Schullektüre benutzt. Wichtigste Vertreter mittelalterlicher Fabeldichtung waren der Stricker (1. Hälfte 13. Jh.), der Meistersinger Heinrich von Mügeln (um 1320 - um 1370), der Berner Dominikaner Ulrich Boner (nachgewiesen 1324 - 49, geb. vermutlich um 1280) sowie der Wiener Kaplan Ulrich von Pottenstein (um 1360 - um 1416). Im »Anonymus Neveleti« aus dem 12. Jahrhundert wurde das Tierepos zu einer komplexeren Erzählgattung weiterentwickelt. Der fränkische Dichter Hugo von Trimberg (1230 - nach 1313) integrierte Fabeln in sein mittelhochdeutsches Lehrgedicht »Der Renner« (zwischen 1290 - 1300).

Besondere Bedeutung erlangte der Fuchs, der die kurze Fabelerzählung sprengte und zu längeren Formen animierte. Bereits um 1040 entstand die lateinische Hexametererzählung »ecbasis captivi«, in der die äsopische Fabel vom Fuchs, Löwen und Wolf als Rahmenhandlung eingebaut ist. In Frankreich entwickelte der Dichter Pierre de Saint-Cloud durch die Aneinanderreihung verschiedener Tiererzählungen den »Roman de Renart« (zwischen 1170 und 1250), der die Tradition der Fabeln um Reineke Fuchs begründete, die bis zum Versepos »Reineke Fuchs« von Johann Wolfgang von Goethe reichte.

Die erste deutsche Fassung hieß noch »Reinhart Fuchs« und stammt von Heinrich der Glîchezære, was soviel wie »der Gleißner« (der Betrüger, Heuchler) bedeutete und irrtümlich vom Fuchs auf den Dichter übertragen wurde. Dieses mittelalterliche Stück aus dem 12. Jahrhundert ist als Fragment von ca. 2000 Versen in drei Handschriften überliefert und gilt als Grundstock für die deutschsprachige Tradition dieses Fabelromans. Aus »Reinhart« wurde dann in späteren Fassungen »Reineke«.

Horst-Dieter Radke

Samstag, 9. August 2008

Schneckentragödie



Eine Weinbergschnecke, schon älter und erfahren, schob sich und ihr Haus in angemessenem Tempo über eine Straße, um das erfrischend aussehende Grün der anderen Seite zu erreichen. Als eine Nacktschnecke in atemberaubenden Tempo an ihr vorbeizog, rief die Weinbergschnecke ihr hinterher: »Du wirst dich bei diesem Tempo noch einmal zu Tode stürzen«. Die Antwort hörte die Schnecke nicht mehr, weil ein Auto sie und ihr Haus gerade in jenem Augenblick plattgewalzt hatte.

Horst-Dieter Radke

Wer klüglich Fabeln schreibt …

Wer klüglich Fabeln schreibt, der folgt Aesopus Spur,
Er bessert durch ein Bild, und lehrt durch die Natur,
Singt von unglaublichen und nie gescheh’nen Dingen,
Um, was wir täglich sehn, im Gleichniß vorzubringen,
Er greift das Laster an, und schont der Thorheit nicht,
Macht diese lächerlich, straft jenes ins Gesicht.

Er geht von Stand zu Stand, warnt beiderlei Geschlechte,
Steigt zu den Fürsten auf, und nieder zu dem Knechte,
Er lehret Kind und Greis, den Bürger und den Held,
Schätz Klugheit Kronen gleich, die Tugend über Geld,
Und manche Wahrheit wird von ihm ans Licht gezogen,
Die alle längst gewußt, und keiner recht erwogen.

Die Muse, die ihn führt, haßt Stolz und Niedrigkeit,
Strotzt nicht von Flittergold, und trägt kein Lumpenkleid,
Sie flieht der Fürsten Pracht, und meidet Frost und Blöße,
Sie lärmt und donnert nicht, tritt nicht in Riesen Größe,
Jedoch als Göttin auf, und läßt die Thoren gehn,
Die ohne Phöbus Geist sich stolz als Dichter blähn,
Und bald von kindischen und eiteln Märchen träumen,
Bald Meistersängern gleich nur eine Rede reimen.

Magnus Gottfried Lichtwer

Freitag, 8. August 2008

Kätzchen



»Kätzchen, nun müßt ihr auch Namen haben,
Jedes nach seiner Kunst und Gaben:
Sammetfell heiß' ich dich,
Jenes dort Leiseschlich,
Dieses da Fangemaus,
Aber dich Töpfchenaus.«

Und sie wurden gar schön und groß;
Sammetfell saß gern auf dem Schoß,
Unter dass Dach stieg Fangemaus,
Leiseschlich lief in die Scheuer hinaus,
Töpfchenaus sucht' in der Küche sein Brot,
Machte der Köchin viele Not.

Wilhelm Hey

Donnerstag, 7. August 2008

Aus Lessings Fabeln

Ein reicher Greis trug Tages Hitz' und Last
Und tröstet' sich mit Salomo's Ameise.
»Durch sie ward ich so weise.
Dank Dir, daß Du's gesprochen hast!«

Der es gesprochen, Salomo,
Stand vor ihm. »So?
Durch mich bist Du so weise?
Geh noch einmal zu Salomo's Ameise

Und iß, was Du erworben hast
In Tages Hitz' und Last!«
Eroberer und Dichter
Und Weis' und Sittenrichter,

Wem lehret, dichtet und erobert Ihr?
Nicht Euch, nur Ihr.

Johann Gottfried Herder

Mittwoch, 6. August 2008

Fabeln - oder was?

Nicht alles, was Dichter in ihre Fabelsammlungen aufgenommen haben, sind wirkliche Fabeln. So ist etwa Der glückliche Dichter von Gellert eher eine Anekdote. Selbst der so korrekt auf Abgrenzung der Fabel von anderer Kleinprosa bemühte Lessing fügt mit Faustin eine solche Anekdote seiner Sammlung bei, erweitert deren Titel aber letztendlich in »Fabeln und Erzählungen« und ist damit wieder auf sicherem Boden. Da all diese Parabeln, Anekdoten und Erzählungen einen moralischen Anspruch haben, nehmen sie sich innerhalb der Fabelsammlungen nicht so sehr als Fremdkörper aus, sondern passen sich gut ein. Allein bei der Auswahl einer Fabel, sei es, um ein mustergültiges Exemplar vorweisen zu können oder als Anschauungsmaterial für eigene Fabeldichtung zu haben, sollte man diese Exponate unberücksichtigt lassen.

Horst-Dieter Radke

Dienstag, 5. August 2008

Der Krebs als Retter

Einst wollte der Brahmane Brahmadatta in Geschäften nach einem anderen Dorf gehen. Seine Mutter drängte ihn, dass er sich für diese Reise einen Gefährten suche. Er aber lehnte ab, da er den Weg nicht für gefährlich hielt. Da nahm die Mutter einen Krebs aus dem nahe gelegenen Brunnen, und gab ihn ihrem Sohn. »Wenn du durchaus gehen musst, dann nimm wenigstens diesen kleinen Krebs als Reisegefährten mit«. Der Brahmane wickelte aus Ehrfurcht vor seiner Mutter den Krebs in Kampferblätter und steckte ihn in sein Gepäck.

Unterwegs wurde er müde. So legte er sich unter einen Baum und schlief ein. Während dessen kroch eine schwarze Schlange herbei. Abgelenkt vom starken Kampfergeruch ließ sie den Brahmanen aber in Ruhe und versuchte die Kampferblätter zu verschlingen. Der Krebs blieb jedoch in ihrer Kehle stecken und so starb die Schlange.

Als der Brahmane erwachte und sah, was passiert war, sagte er: »Meine Mutter hat Recht gehabt, als sie mir riet, die Reise nicht alleine zu unternehmen. Weil ich auf sie gehört habe, hat der Krebs mich vor der Schlange beschützt.

Selbst ein einfacher Gefährte verschafft dir Segen auf dem Weg.

Indische Fabel aus dem Pantschatantra, nacherzählt auf Basis der Übersetzung aus dem Sanskrit von Theodor Benfey (1859) von Horst-Dieter Radke

Montag, 4. August 2008

Jean de la Fontaine


Jean de La Fontaine wurde am 8. 7. 1621 in Château-Thierry (Aisne) als Sohn eines zum niederen Amtsadel zählenden Königlichen Rats geboren. 1636 schloss er in Paris seine Schulzeit ab, begann aber erst 1641 ein Theologiestudium, dass er jedoch bald wieder abbrach. Von 1645 bis 1647 studierte er Jura in Paris. 1647 heiratete er eine 14-jährige und lebte nach der Heirat in Paris im Hause eines Onkels der Ehefrau. 1653 bekamen sie einen Sohn.

La Fontaine wird zwar als zugelassener Anwalt am Obersten Gericht erwähnt, juristische Tätigkeit lässt sich aber nicht nachweisen. Auch als Autor trat er erst spät hervor. Zwar ist aus dem Jahr 1654 die Übertragung einer Komödie des Terenz erhalten, ein erstes eigenes Werk datiert aber erst aus dem Jahr 1658. Als 1662 Fouquet bei Ludwig XIV. in Ungnade fiel verließ auch La Fontaine 1663 vorsichtshalber Paris für eine Weile. In Limoges vollendete er die Nouvelles tirées de Boccace et d’Arioste, heitere erotische Verserzählungen nach Novellen von Boccaccio und Ariosto, die 1664 erschienen und mehrfach neu aufgelegt wurden.

Nach 1665 begann La Fontaine mit der Arbeit an seinem Hauptwerk, den Fabeln. Eine erste Ausgabe in zwei Bänden erschien 1668 unter dem Titel Fables choisies, mises en vers par M. de La Fontaine. 1674 schrieb La Fontaine das Libretto zu der Oper Daphné, die von Jean-Baptiste Lully vertont wurde. 1667 und 1679 erschienen die Bände 3 und 4 seiner Fabeln, die deutlich kritischer ausfielen. Ludwig der XIV. der inzwischen unter dem Einfluss der fromm gewordenen Madame de Mainetenon stand, sorgte seit 1675 für eine konservativere gesellschaftlichere Ausrichtung; einige der erotischen Novellen La Fontaines waren inzwischen verboten worden und auch die Aufnahme in die Académie francaise wurde erst nach einigem Zögern vom König bestätigt. 1692 erschien eine durchgesehene Gesamtausgabe der Fabeln. Nachdem La Fontaine 1692 schwer erkrankte, wurde auch er fromm. Er starb am 13.4.1695 in Paris.
Horst-Dieter Radke

Seerose und Fisch



»Hast du es gut«, sprach der Fisch zur Seerose. »Über dem Wasser spürst du die Sonnenstrahlen direkter als wir, die wir allenfalls für einen Augenblick dem Wasser entspringen und die Wärme der Strahlen, ungebrochen auf unseren Schuppen spüren können.«
»Das aber könnt ihr den ganzen Sommer lang« antwortete die prächtige Wasserblume. »Ich aber welke nach wenigen Tagen dahin und muss ein ganzes Jahr warten, bis ich das Licht wieder erblicken kann.«

Horst-Dieter Radke

Sonntag, 3. August 2008

Die Guttat

Wie rühmlich ists, von seinen Schätzen
Ein Pfleger der Bedrängten sein!
Und lieber minder sich ergetzen,
Als arme Brüder nicht erfreun.

Beaten fiel heut ein Vermögen.
Von Tonnen Golds durch Erbschaft zu.
»Nun«, sprach sie, »hab ich einen Segen,
Von dem ich Armen Gutes tu.«

Sie sprachs. Gleich schlich zu seinem Glücke
Ein siecher Alter vor ihr Haus,
Und bat, gekrümmt auf seiner Krücke,
Sich eine kleine Wohltat aus.

Sie ward durchdrungen von Erbarmen,
Und fühlte recht des Armen Not.
Sie weinte, ging und gab dem Armen
Ein großes Stück verschimmelt Brot.

Christian Fürchtegott Gellert

Samstag, 2. August 2008

Paganini

Ich erkläre das Gerücht, dass ich viele Jahre im Kerker gewesen sein und dort die Geige erlernt haben soll, für eine Fabel.

Niccolo Paganini

Allgemeine musikalische Zeitung, Leipzig, 1829
zitiert aus: Werner Fuld: Paganinis Fluch, S.177


Eine Rezension zu diesem Buch gibt es hier

Der Drache mit mehreren Köpfen und der Drache mit mehreren Schwänzen

Einst zog, wie ein Histörchen uns berichtet
(Und ist's nicht wahr, so ist's doch gut erdichtet),
Des Sultans Abgesandter, der beim Kaiser war,
Des Sultans Macht der kaiserlichen vor.
Die Worte trafen eines Deutschen Ohr,
Der fand des Türken Meinung anfechtbar.
Er sagte: »Unser Herrscher hat Vasallen,
Die reich und mächtig sind wie er;
Jeder von ihnen könnte nach Gefallen

Besolden ein gewaltig Heer.«

Des Sultans Untertan, ein kluger Mann,
Entgegnete: »Gewiß, wohl hörte ich,
Daß jeder Kurfürst Truppen rüsten kann.
An einen Traum gemahnte dieses mich.
Ich war an sicherm Ort, als jenseits hoher Hecken
Die hundert Köpfe einer Hydra drohten.
Mich überfiel ein kalter Schrecken,
Ich zählte mich schon zu den Toten,
Doch kam ich mit dem Schrecken fort;
Der Drache konnte keine Öffnung finden,
Um durch die hohe Hecke dort
Die vielen Köpfe glatt hindurchzuwinden.

Noch sann ich nach dem Abenteuer,
Da zeigte sich am selben Ort
Ein andres Ungeheuer;
Das hatte nur ein einzig Haupt,
Doch mehr als einen Schwanz am Leibe.
Entsetzlich kam es angeschnaubt –
Unmöglich, daß ich's Euch beschreibe.
Der Kopf schlüpft mühlos durch mit Brust und Bauch,
Und hinterher die Schwänze alle auch;
Nichts hindert sie, leicht ist's vollbracht,
Da eins dem andern Platz gemacht.
Und seht – dies ist der Sache Kern –
So steht's mit Eurem, so mit unserm Herrn.«

La Fontaine (Quelle: zeno.org)

siehe auch: Fabeltiere


Freitag, 1. August 2008

Fabeldichter

Der fabularum auctor, der mit seinen knappen Erzählungen einer menschlich anmutenden Tierwelt eine moralische Deutung der unterschiedlichsten Handlungsweisen zu geben versucht. Viele Fabeldichter weiten das Spektrum der Fabeln aus, in dem Sie nicht nur Tiere, sondern auch Dinge und letztendlich auch Menschen zu Protagonisten machen. Eine andere Bezeichnung für den Fabeldichter ist fabulist.

Horst-Dieter Radke

Die beiden Hähne

Foto ⓒ Jeremias Radke

Von zwei Hähnen, welche um Hennen miteinander kämpften, behielt der eine die Oberhand über den andern. Der Überwundene zog sich zurück und verbarg sich an einem dunklen Orte; der Sieger aber flog aufwärts, stellte sich auf eine hohe Wand und krähte mit lauter Stimme. Da schoss jählings ein Adler herab und nahm ihn mit sich fort. Nunmehr kam der Versteckte ungehindert wieder aus seinem Verschlupf hervor und gesellte sich zu den Hennen.

Äsop