Freitag, 22. August 2008

Kritik an Lessing

Wäre Lessings scharfsinnige betrachtung wie in die griechische fabel ebenso tief in die altdeutsche gedrungen und durch umfassendere historische studien unterstützt worden; so hätten wir diesem geistreichen mann vielleicht die fruchtbarsten erörterungen unserer thierfabel zu danken. Den abstand des Phädrus von Äsop hat er aufgedeckt, auch die schwäche der lafontainischen fabel gegenüber der äsopischen blieb ihm unverborgen. Sein irthum lag darin, dass er in den besten griechischen stücken den gipfel, nicht in allen schon das sinken und die sich zersetzende kraft der alten thierfabel erblickte. zu dieser können die apologe, die er selbst gedichtet, sich nicht anders verhalten als ein epigramm in scharfzielender gedrungeheit zu der milden sinnlichen, von dem geiste des ganzen eingegebenen dichtung des alterthums. Das naive element geht den lessingischen fabeln ab bis auf die leiseste ahnung.

Jacob Grimm aus:
»Reinhart Fuchs«, Berlin, 1834
(Cap.I, XVIII)

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