Sonntag, 5. Oktober 2008

Die Fabel

Ich durchwandelte die Gassen,
ihre Weisheit zu erfassen;
aber bald hab' ich's gelassen.
Was mir etwa noch, im Toben
überschrieen und umstoben,
alte Stein' und Bilder loben:
davon tönt's im weiten Kreise
laut und leise, klarer Weise,
tausendfach in einem Preise.
Sonnen, Monde, Wolken, Lüfte,
Frühlingshügel, Todesgrüfte,
Wald und Strom und Blum und Düfte
und der Thiere bunte Schaaren:
Alles hör' ich offenbaren,
und Uraltes neu erwahren.
Und was noch so golden gleißet,
in den Gassen »Göttlich!« heißet,
alles mächtig mit sich reißet:
Derlei Vieles hör' ich richten
und verspotten und zernichten
ernst und leicht in Thiergeschichten.
*
Was ich also mir erschauete,
meinem Freunde sei's vertrauet,
der sich mit mir auferbauet:
einsam durch die Au'n zu gehen:
ihre Bilder zu verstehen,
und sich selber drin zu sehen.

Abraham Emanuel Fröhlich

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