Mittwoch, 8. Oktober 2008

Der arme Kranke und der Tod

Ein Greis, den Alter, Frost und Gram,
Und Gicht und Krampf und Hunger krümmten,
Dem oft sein bittres Weh die Lust zum Leben nahm,
Das Zeit und Schicksal ihm bestimmten,
Rief voller Ungeduld und Noth:
Ach! komm' doch bald, gewünschter Tod!
Der Tod erschien, die Qual zu heben;
Da fleht' er, aus verzagtem Sinn:
Freund, geht zu meinem Nachbar hin
Und laßt mich armen Alten leben.

So weibisch ist der meisten Herz;
Auch brechend wünscht es kaum zu sterben.
Verfolgung, Drangsal, Schimpf, Noth, Armuth, Krankheit, Schmerz,
Nichts wird dem Tode Gunst erwerben.
Ihn hält ein zärtlicher Mäcen
Auch auf der Folter nicht so schön;
Vielleicht starb Cato nicht gelassen.
Oft scheuet der, den Krebs und Aussatz frißt,
Der sein und andrer Scheusal ist,
Mehr als dies alles, sein Erblassen.

Friedrich von Hagedorn

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