Freitag, 7. August 2009

Vogel Phönix


Aus einem alten Buche ohne Titel:

Phönix, der edle Vogel werth,
Hat seines Gleichen nicht auf Erd,
Um seinen Hals ist's goldgelb klar,
Sein Leib und Flügel Purpur gar;
Hat auf dem Haupte eine Kron,
Der höchste Baum sein hoher Thron.
Er wohnt und lebet lang allein,
Dann stellen sich viel Vögel ein.
Die Vögel sammeln für ihn frey
Den Weihrauch und die Specerey,
Von edlem Holz wohlriechend Aest,
Sie machen aus dem alln ein Nest.
Dann schwingt er drüber sein Gefieder
Am Sonnenglanze auf und nieder.
Wenn er das Rauchwerk so gezündt,
Die Flamme sich zur Höhe windt.
Dann läßt er sich herab zur Gluth,
Verbrennt sich willig wohlgemuth.
Alsdann in seiner Asche wird
Ein leuchtend Würmlein erst formirt,
Darnach ein Vogel rein und pur,
Dem vor'gen gleich in der Natur.
Christus, des Himmels Phönix rein,
Hat so gewohnt auf Erd' allein,
Ein Adler stark, der überwand
Höll, Teufel, Sünd und Todesband.
Sein Gottheit ist die güldne Farb,
Und sein Verdienst uns Heil erwarb.
Das Purpur-Kleid er hat auch an,
Auf seinem Haupt die Dornenkron.
Aus rechter Lieb inbrünstiglich
Er opfert darauf willig sich.
Und man begrub ihn ehrlich frey,
Mit köstlich edler Specerey.
Also des Himmels Phönix lag,
Im Grab, bis an den dritten Tag,
Alsdann er wieder lebend wurd'
Durch seine ew'ge Geistsgeburt.

Achim von Arnim und Clemens Brentano
aus: Des Knaben Wunderhorn

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