Donnerstag, 2. Juli 2009

Die Wespe und der Knabe


Eine kühne Wespe stach
Hänschen, als es Äpfel brach,
In die Hand, eh’ er es dachte.
Hänschen, das erbärmlich schrie,
War so glücklich, dass er sie
Auf der Flucht noch habhaft machte.

»Gnade!« rief die Täterin,
»Weil ich gar nicht strafbar bin;
Willst du Blutschuld auf dich laden?
Meinen Stachel, der dich kränkt,
Hat mir die Natur geschenkt,
Und ich muss gezwungen schaden.«

»Musst du’s?« fragt der kleine Mann.
»Ja, da ich’s nicht ändern kann!«
»Eben drum«, versetzt der Knabe,
»Weil ihr das unmöglich fällt,
Schaff ich dich auch aus der Welt,
Dass man Friede vor dir habe.«

Magnus Gottfried Lichtwer

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