Sonntag, 5. Juli 2009

Die 56. Fabel: Wodurch die bösen Weiber in die Welt gekommen sind


Ein Reiter reiset durch einen Wald; daselbst hörte er ein grosses Geschrey, als ob jemand in Noth und Gefahr wäre. Er lief geschwind dahin, wo das Geschrey herkam, daselbst fand er ein Mägdchen, welcher der Teufel Gewalt thun wollte. Der Reiter, der ein mitleidiger Mann war, und das Frauenzimmer gar nicht hassete, eilete, um das Mägdchen zu retten. Er zog seinen Pallach, um dem Teufel den Kopf abzuhauen; aber weil er im Eifer zu stark ausholte, so hieb er beyden zugleich die Köpfe ab. Diesen Fehler wollte er in aller Eil verbessern. Aber, weil es gegen Abend war, und er folglich beyde Köpfe nicht wohl von einander unterscheiden konnte: so ergriff er aus Irrthum den Kopf des Teufels, und setzte ihn auf den Rumpf des Mägdchens. Man glaubt, daß von ihr die bösen Weiber herstammen.

Moralische Fabeln
mit beygefügten Erklärungen einer jeden Fabel
Aus dem Dänischen des Herrn
Barons von Holberg
übersetzt durch J.A.S.K.D.E.
Leipzig 1752

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