Dienstag, 24. Februar 2009

Marie de France

Marie de France wurde um 1135 in der Region Île-de-France geboren und starb um 1200. Sie ist die erste bekannte Autorin der französischsprachigen Literatur. Sie hatte eine gute Bildung und schrieb im anglonormannischen Dialekt für den englischen Hof von Heinrich II. Ihr bekanntestes Werk sind die Lais eine Sammlung von zwölf Versnovellen, die um 1170 entstanden sind. Darin werden Märchenmotive und Sagenstoffe verarbeitet, u.a. auch der Tristan und Isolde-Stoff. Die Novelle Bisclavret handelt von einem Werwolf, der sich nicht mehr in einen Menschen zurückverwandeln kann, weil seine Frau die Kleidung versteckt hat. Letztendlich kann er sich doch noch aus dieser Lage befreien und entpuppt sich als der eigentlich Gute in dieser Novelle. Außerdem schrieb Marie de France 102 Fabeln, die nach ihrer eigenen Anmerkung auf eine altenglische Vorlage fußt, die allerdings eine lateinische Übersetzung der Fabelsammlung des Aesops gewesen sein soll.

Horst-Dieter Radke

XXIV.
De cervo ad fontem

Issi avint qu’uns cers beveit
a une ewe, kar sei aveit,
Guarda dedenz, ses eornes vit.
A sei meismes a dune dit
que nule beste nel valeit
ne si beles cornes n’avelt.
Tant entendi a sei loër
e a ses cornes esguarder,
que il vit venir ehiens eurant
e lur mestre, ki vient eornant;
aprés lui viement, sil quereient,
pur eco que prendre le voleient.
El bois se met tuz esmaiez.
par ses eornes est atachiez,
en un buissun est retenuz.
Dune sunt li chien a lui venuz.
Quant il les vit si aprismier,
si se emenee a desraisnier.
‘Veirs est’, fet il, ‘que li huem dit
e par essample e par respit:
li plusur vuelent eco loër
qu’il deverient suvent blasmer,
e ico laissent qu’il devreient
forment loër, se il savelent.’

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