Sonntag, 1. Februar 2009

Der Fuchs und die Trauben


Hungrig schlich der Fuchs ins Freie

Futter für den leeren Magen

Auf der Wiese zu ersphän.

Endlich hoch am Rebenzweige

Winket ihm die schönste Traube,

Welche je sein Mund begehrt

Springend sucht er zu erreichen,

Was das Auge lüstern reizet;

Doch umsonst ist all sein Mühen,

Denn die Traube

Hängt zu hoch für Meister Fuchs.

Mürrisch spricht er: „ach, sie schmecket

Bitter noch und bittre Trauben

Freß ich, glaubt's mir, niemals gern.“

___

Solche trifft der Mund der Fabel,

Die mit Worten frech verhöhnen,

Was zu groß für ihre Kraft.

Theodor Storm
(handschriftlich), 1835
Storm war damals 17 Jahre alt

Keine Kommentare: