Zu Schin-tai, dem Löwenkönige der Thiere, kamen alle Bewohner des Waldes, um ihre Huldigung darzubringen. Auch die kleine Ameise kam herbei, sich vor ihm zu verneigen, aber die Edelleute trieben sie verächtlich weg. Als der Ameisenkönig davon hörte, gerieth er in Zorn und schickte einen Wurm, sich in das Ohr des Löwen einzuschleichen und ihn zu quälen. Auf das erschreckliche Schmerzgebrüll kamen die Thiere von allen Seiten herbeigelaufen, boten ihre Dienste an und wollten den Feind bekämpfen, wo und wer er auch sei. Aber Keiner konnte Hilfe leisten. Zuletzt, nach vielen demüthigen Botschaften, ließ sich der Ameisenkönig bewegen, einen seiner Unterthanen zu schicken, der in das Ohr hineinkroch und den Wurm herausholte. Seit der Zeit haben die Ameisen das Privilegium, überall und an jedem Platze zu leben, während den anderen Thieren ihre Aufenthaltsorte angewiesen sind.
Bastian, Adolf
Erzählungen und Fabeln aus Hinterindien
In: Globus (Juli 1866), S. 83
Erzählungen und Fabeln aus Hinterindien
In: Globus (Juli 1866), S. 83
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