Erasmus von Rotterdam in seinen Gesprächen erzehlet eine Geschicht, welche würdig ist, daß man sie mercke: Und ob er zwar selber es eine Fabel nennet, so bezeugets doch jetzund die tägliche Erfahrung, daß es sich in der Natur wahrhafftig also befindet. Zwischen der Spinnen und der Kröten ist eine innerliche und inbrünstige Feindschafft und grosse Widerwärtigkeit, daß wann die Spinne der Kröten ansichtig wird, sie alsbald diese anfähret und zu tödten sich bemühet.
Auf eine Zeit hatte ein Mönch in Britannien etliche Bündlein Grases oder Binsen gesammlet, selbige in seine Kammer zu streuen zur Erfrischung. Er legt sich schlaffen aufm Rücken, siehe, da kreucht ihm eine grosse Kröte ans Maul, hefftet sich an die Ober- und Unter-Leffze mit ihren vier Füssen gar fest. Die Kröte mit Gewalt abzureissen wäre der gewisse Tod gewesen: Sie sitzen lassen und so immerfort am Munde tragen, wäre greulicher als der Todt. Was war hier für Mittel und Rath? Da seynd etliche Naturerfahrne Leute gewesen, welche gerathen, man solte den Mönch ans Fenster tragen, aufn Rücken legen, gerade unter eine grosse Spinne, die eben zur Zeit allda ihre Herberge hatte. Solches ist geschehen. Die Spinne, so bald sie ihres Feindes, der Kröten gewahr worden, hat sich mit einem Faden schleunig herunter gelassen, ist der Kröten aufn Leib gesessen, ihr einen Stich gegeben und alsbald wieder mit ihrem Faden in die Höhe gefahren. Die Kröte fänget an zu schwellen, bleibet aber sitzen. Die Spinne sticht noch einmal: Die Kröte schwillet noch mehr, stirbt aber doch nicht. Endlich drittens wie die Spinne noch eins gestochen, hat die Kröte ihre vier Füsse nach sich gezogen, ist gestorben und vom Mönche abgefallen.
Es ist nichts in der Natur so böß oder gifftig, daraus den Menschen nicht kan Nutz und Frommen entstehen.
Quelle: Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 483-484.
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