Freitag, 27. Juni 2008

Wasser und Erde


»Ohne mich würdest du gar nicht erst das Tageslicht erblicken“ spricht die Erde zum Wasser, das munter aus der Quelle sprudelt. »Wo würdest du hinlaufen, wenn ich dir nicht ein Bett geben würde?« fragt die Erde den Bach, der leise durch die Wiese plätschert. »Könntest du ohne mich die Schiffe tragen?« klagt die Erde, die den breiten schweren Fluss in Richtung Meer geleiten muss. »Wenn ich dich nicht aushalten könnte«, summt leise und dumpf aus der Tiefe die Erde zum Ozean, »wo wärst du dann im unendlichen Weltall?«

In feinem Dunst steigt das Wasser in die Höhe, zieht über dem blauen Planeten in sich immer mehr verdichtenden Wolken weiter bis zum Abregnen. Sanft sickert das Wasser, die Erde für ihre hilfreichen Taten streichelnd, hinab in den Untergrund, was diese behaglich und still hinnimmt.

Horst-Dieter Radke

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