Fabeln sind erschlossenes Gebiet
„Fabeln sind ein erschlossenes Gebiet!“ sagte mir jemand, den ich zu einer Kritik und Stellungnahme einer kleinen Arbeit über Fabeln bat. Das schockierte mich zunächst ein wenig – nach einigem Nachdenken darüber musste ich jedoch zustimmen. Fabeln gibt es seit mehr als zweitausend Jahren. Sie entstanden im alten Griechenland – Äsop ist sicherlich jedem ein Begriff – sie erlebten eine Blüte im 17./18. Jahrhundert – La Fontaine und Lessing seien nur stellvertretend genannt -, wurden in diesem Jahrhundert für tot erklärt und tauchen doch immer wieder auf. Auch die Literaturforschung hat sich ausführlich damit auseinandergesetzt. Was gibt es da eigentlich noch zu entdecken?
Nun heißt ja „erschlossenes Gebiet“ nicht, dass eine Landschaft nicht individuell, wiederholt und erneut von jedem erschlossen werden kann. Durch Buch, Bild und Film kann ein Eindruck von diesem Gebiet gewonnen werden – eine innere Beziehung erhält man aber erst, wenn man dieses Gebiet selbst besucht. Andererseits ist aber allein durch den Besuch dieses Gebietes noch nicht eine solche Beziehung aufgebaut. Wie viele sind in die Welt gereist und haben aus den fernen Ländern nur das mitgenommen, was sie zu Hause ohnehin hatten?
Auch die Fabel will erschlossen werden – immer wieder neu.
Horst-Dieter Radke
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