Mittwoch, 17. August 2011

Einhorn

Deutsches Freimaurermuseum Bayreuth
Bildquelle: Wikipedia

Es wird viel erzehlet, und noch mehr gehalten vom Horn eines Einhorns / und dessen kräfftiger Wirckung wider den Gifft; Werden auch an unterschiedlichen Orten gantze Hörner davon gezeiget / als zu S. Denis in der Kirchen / nahe bey Pariß in Franckreich: Zu Venedig und anderswo. Zwar diese Hörner sind wohl von lebendigen Thieren / als Wallfischen oder sonsten: Aber ein wahrhafftiges Einhorn / wie es beschrieben wird und abgebildet / ist noch zur Zeit von keinem Menschen gesehen / und hat sich keiner gefunden / der es kennet. Heute zu Tage ist die Welt so bekannt und durchreiset / daß schier kein Winckel /da man nicht ist hinkommen; Ist aber noch keiner gefunden / der das Thier Einhorn an einem Ort gesehen oder etwas gewisses davon hätte vernehmen können. Der erste / so dieses Thiers gedencket / ist gewesen der Cresias, welchen Aristoteles öffentlich einen Lügner heisset. Andere / so auch davon geschrieben /sagen allzeit davon / wie man saget oder fürgiebt: Haltens also für ein ungewiß Ding. Der eine schreibet / es sey gleich einem wilden Pferde: Der ander / es sey ein Esel: Dieser / es habe Füsse wie ein Pferd. Jener /es habe gespaltene Füsse / wie die Ziegen. Die Hörner / so gezeiget werden / seyn auch nicht einerley Art und Gestalt. Und noch viel weniger befindet sich solche Krafft und Wirckung / als man ihm zuschreibet. In der H. Schrifft wird zwar etlichmal des Einhorns gedacht / ist aber viel ein anders als diß Thier / welches aus der Beschreibung klärlich zu ersehen:

Was nicht in der Natur ist / können Mahler und Poeten auf ihre Art darein machen: Die setzen dem Pferde Flügel an (als Pegaso) Hörner vorn am Kopff (als dem Einhorn) wie es ihnen nur beliebet.

Lauremberg, Peter
Neue und vermehrte Acerra philologica
Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige
Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen
und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...]
Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 502-503


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