Mittwoch, 3. August 2011

Der Fuchs und der Drache


Ein Fuchs wühlte, indem er sich seine Grube aushöhlte, etwas tiefer; suchte aber noch mehrere und tiefere Minen, und kam denn endlich bis auf die unterste Höhle eines Drachen, der einen geheimen Schatz bewachte. »Vor allen Dingen,« sagte der Fuchs, so wie er den Drachen erblicke, »verzeihe meine Unvorsichtigkeit! Aber sodann sage mir auch, denn du siehst es leicht ein, wie schlecht sich das Geld zu meiner Lebensart reimt, was du mit dieser Mühwaltung gewinnst; und was dich dafür entschädigt, daß du des Schlummers entbehrst, und beständig in der Finsterniß lebst?«
»Nichts,« antwortete der Drache. »Jupiter übertrug mir’s.«
»Du nimmst also nichts für dich, und gibst auch niemanden etwas?«
»So ist es der Wille des Schicksals!«
»Werde nicht ungehalten über mein offenherziges Geständniß: die Götter haßten ihn von seiner Geburt an, der so lebt, wie du.«

Fabulae Aesopiae
Phädrus in deutschen Reimen
von Xaver Weinzierl
Wien und Triest, 1817

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