Montag, 22. März 2010

Dünenstrand

Kurische Nehrung

Einem Dünenstrand ging es gar nicht gut. Die hohen Wellen hatten den ganzen Winter über an den Füßen der Dünen genagt, der Sturm an dem Strandhafer gezerrt und  der Regen hatte Löcher in ihre Häupter gespült.
Die Menschen liebten diesen Strand. Deshalb baggerten sie Stunde um Stunde Sand aus dem Meer. Mit schweren Lastwagen fuhren sie den Strand auf und ab, luden den Sand zu großen Bergen ab, bis er eine geschlossene Reihe großer Sandhaufen vor den Dünen bildete. Einen Teil davon ebneten die Menschen auf dem Strand, um ihm seine Schönheit wieder zurück zu geben. Den Rest ließen sie aufgehäuft zum Schutz der Dünen stehen. Dann kehrte wieder Ruhe am Strand ein. Die Menschen warteten auf den Sommer und die Urlauber, die nur wegen ihres schönen Strandes immer wieder kamen.


Die neuen Sandhügel erhoben sich vor den alten Dünen und prahlten: »Nun sind wir die erste Reihe und jeder wird uns vom Strand aus ansehen und bewundern.«


»Bewundern? Seht Euch doch an: nackt und hässlich. Wir dagegen sind grün und tragen im Frühling und im Sommer Blüten. Unsere Haare wiegen sich sanft mit dem Wind. Wir werden fotografiert und gemalt«, antworteten die alten Dünen.



»Aber nicht mehr an Euch, sondern an uns werden sich bald die Schönen und Reichen anlehnen und vor uns ihre Handtücher ausbreiten, damit sie vom Strand her gesehen werden. Wen interessiert da schon ein bisschen grünes Gras, das man hinter uns nicht mehr sieht?«



»In uns bauen die Vögel ihre Nester und die Kaninchen ihre Bauten. Und in unserem Schutz tragen sie neues Leben aus. Euer Glanz dagegen ist vergänglich und dauert nur einen Sommer lang.«


Und die alten und die neuen Dünen sprachen nicht mehr miteinander. Im Sommer kamen die Reichen und Schönen und lehnten sich an die Sandhügel und breiteten ihre Handtücher aus. Im Herbst blieben sie weg. Nur ein paar Hundebesitzern gingen mit ihren Tieren noch spazieren. Als der Winter kam, schickte das Meer immer weiter seine Wellen auf den Strand und der erste Sturm peitschte sie an die neuen Dünen. Am Ende des Winters hatte das Meer sie Sandkorn für Sandkorn zurückgeholt,die alten Dünen jedoch blieben unversehrt.

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