Sonntag, 21. Dezember 2008

Drachenblut


Sanguis Draconis

teutsch, Drachenblut

Ist ein zusammen geronnener, trockner, gummihaftiger Saft, der sich gar leicht zerreiben lässet, und so roth, als wie Blut aussiehet. Er rinnet aus den Rissen, welche in einen grossen indianischen Baum, beym Clusio Draco arbor, teutsch, Drachenbaum genannt, gemachet worden. Der ist so hoch wie eine Fichte, dick und mit vielen Zweigen besetzet. Sein Holtz ist sehr harte, und mit einer nicht gar dicken, zarten Schale überzogen. Seine Blätter sind groß, schier so formiret wie das Schwerdtlilienkraut, und so gestalt und lang wie eine Degenklinge, etwan eines halben Schuhes breit, spitzig, und beständig grüne. Seine Früchte wachsen Träubleinweise, sind so dicke als wie kleine Kirschen, rund und im Anfang gelb, hernachmahls roth, und endlich, wann sie zeitig, gar schön blau, und etwas sauer von Geschmacke. Nicolaus Monardes, Renodæus, und viele andere mit ihnen, haben geschrieben, wann man der Frucht die Haut abzöge, so erschiene drunter die Gestalt eines Drachen, so wie denselbigen die Mahler abzumahlen pflegen, mit aufgesperrten oder offenen Rachen, einem etwas langen Halse, der Rückgrad mit Stacheln besetzet, mit einem langen Schwantze, und die Füsse mit Klauen wol bewaffnet. Ihrem Vorgeben nach, so hat der Baum den Namen von dieser Figur erhalten. Ich aber halte es für eine Fabel, dieweil es mir keine einzige reisende Person gewiß versichern wollen. …

Lemery, Nicholas:
Vollständiges Materialien-Lexicon.
Leipzig, 1721., Sp. 997-998

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