Sonntag, 17. Januar 2016

Buddha im Schnee


Eines Tages wurden Buddha und seine Jünger beim Meditieren bereits morgens vom Schnee überrascht. Während seine Jünger nach und nach aufhörten zu meditieren, blieb der Buddha in seiner Versenkung und rührte sich nicht. Es wurde Mittag, die Jünger liefen frierend und zitternd herum, sich mit den Armen sich auf Brust und Schulter schlagend. Keiner wagte es, den Erhabenen aus seiner Versenkung zu holen. Nur Ananada befreite ab und zu den Meister von allzu großer Schneelast. Am frühen Nachmittag hörte der Schneefall auf, die Sonne kam durch und schmolz den Schnee wieder weg. Noch vor Sonnenuntergang schüttelte sich der Buddha, stand auf, schaute um sich und sah nur bibbernde Mönche.

»Was ist los?« fragte er. »Warum friert ihr? Wärmt euch die Sonne nicht, die gerade dabei ist, mit einem wunderschönen Rot für die Nacht zu verschwinden?«

»Habt ihr nicht gefroren, Meister? Wir hatten den ganzen Tag über Schnee und eisigen Wind!«

Buddha lächelte. »Vielleicht hatten wir Schnee und vielleicht war es kalt. Ich war jedoch nicht da. Wie konnte ich da frieren?«

Der Kater, dem Buddha schon einige Male begegnet war, schnurrte, während er noch mit seinen Jüngern sprach, heran und rieb sich an seinem Bein. Auf seinem schwarzen Fell glänzten noch wenige Schneekristalle. »Auch er war nicht anwesend«, sagte Buddha, »und hat folglich nicht gefroren.«

»In einer Höhle wird er gewesen sein, in irgend einem Unterschlupf. Das Katzenvieh ist viel zu bequem um der Kälte zu trotzen«, schimpfte ein Jünger.

»Oder zu schlau«, sagte Buddha. »Wer wird auch so dumm sein, im Schnee und in der Kälte auf und ab zu laufen ohne sich unterzustellen.«
apokryphe Buddha-Legende aus dem 21. Jh.
aufgeschrieben erstmals von
 Horst-Dieter Radke

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