Wo jemand bezwungen würd / under zweyen uberbösen dingen eines zuerwehlen / so ist doch das minder schmählich auffzunemmen / Darvon hör diese Fabel.
Ein Kitze gieng auf einem Anger / nahe bey seinem Hauß / zu dem kam ein Wolff / inn meinung das zu fressen / Aber das Kitze entrann im von der statt under die Schafe. Da aber der Wolff mercket / daß er es nach seinem willen nicht haben mochte in frevel / gedachte er das mit listen unnd schmeichelwort zu ihm bringen und sprach zu im: O du thörichtes Thier / was suchest du hie in dieser statt / sihest du nit wie hie in dem Tempel das Erdtreich unsauber und blutig ist von den Thieren / die man täglich den Göttern opfferet unnd ertödtet / stick dich nit in die sorge / daß du alle stund des todts warten müssest und gehe herauß auff den grünen Anger / da du in freyheit leben magst. Das Kitze antwort unnd sprach: O Herr Wolff leg hin dein sorg das bitte ich dich / dann weder mit treuw / noch mit falsche rath bringst du mich hinauß zu dir / dannh ob ich meines lebens und blut vergiessen müste besorgen / so were mir doch lieber / das geschehe den Göttern zu ehren / dann das ein freysamer Wolff von mir gesettiget würde.
Esopus Teutsch/
Das ists:
Das ganze Leben und Fabeln Esopi/
mit sampt den Fabeln Anianai/
Adelfonsi und etlichen Schimpffreden Pogij,
darzu Außzüge von fabeln und Exempeln des Sebastian Brand.
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