Montag, 23. November 2015

Der Krieger, der seinen Zorn bezähmt

Im Dienste des Königs Kuladhara stand ein gewisser Surawarman, ein Krieger, der aus guter Familie entsprossen war und dessen Mut allgemein anerkannt wurde. Als er einst unvermutet aus einem Feldzuge nach Hause kam, traf er seine Frau in freiem, ungestörtem Verkehr mit seinem eigenen Freunde. Er sah es, aber charakterfest wie er war, bezähmte er seinen Zorn, indem er überlegte: »Was nützt es mir, wenn ich dieses Vieh, diesen falschen Freund getötet habe, oder wenn ich mich an dieser Ehebrecherin wegen ihres sündhaften Wandels vergreife? soll ich noch Sünde auf mich laden?« Er rührte sie also nicht an, sondern sagte nur: »Wer von euch beiden mir wieder zu Gesichte kommt, den werde ich töten. Tretet mir nicht wieder vor die Augen!« Mit diesen Worten ließ er sie laufen, so weit sie wollten, dann nahm er sich ein anderes Weib, mit der er glücklich da wohnen blieb.
»Wer seinen Zorn bezwingt, mein Fürst, der kann niemals dem Kummer zur Beute fallen, und wer Klugheit besitzt, der kommt nicht um.

aus:
Somadewa
KATHÂSARITSÂGARA
Übersetzt von Dr. Hans Schacht
1918, Leipzig und Lausanne

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