Die drei Götterkinder Sonne, Mond und Hahn lebten als Brüder anfangs einträchtig beieinander.
Eines Tages ging die Sonne einmal aus, Mond und Hahn blieben im Hause. Da befahl der Mond dem Hahn, er möchte die Rinder hereinholen, doch der weigerte sich. Der Mond wurde darob böse, faßte ihn beim Schopf und warf ihn auf die Erde hinunter.
Als die Sonne heimkam, erzählte der Mond ihr den Vorfall. Die Sonne wurde betrübt und sagte: »Du magst nicht in Eintracht leben; schön, dann will ich auch nicht mehr mit dir ausgehen. Fortan gehört dir die Nacht und du darfst erst des Abends ausgehen. Der Tag jedoch ist mein. Und der Hahn wird mich niemals vergessen, denn ich habe ihn nicht vertrieben und noch immer lieb. Auch will ich's nicht haben, daß er ausgeht oder kräht, wenn du unterwegs bist.«
Der Hahn befolgte die Anweisungen der Sonne. Allemal, wenn sein Bruder morgens aufsteht, freut er sich ihn zu sehen; er erinnert sich daran, daß sie sein älterer Bruder ist, er schaut ihn an und ruft unaufhörlich den Tag über: »Indriinilay zoky e! Indriinilay zoky e! [Sieh da, mein älterer Bruder, e!] Und wenn die Sonne untergegangen und der Mond an der Reihe ist, dann begibt sich der Hahn schnell ins Haus, um den andern nicht sehen zu müssen.
Hambruch, Paul
Malaiische Märchen aus Madagaskar und Insulinde
Jena, 1922
Malaiische Märchen aus Madagaskar und Insulinde
Jena, 1922
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen