Einst lies der Kaiser Qin Shihuangdi verkünden, dass er vierhundert Beamte stellvertretend für sämtliche Beamte des großen Reiches Chin auszeichnen wolle. Der Minister Li Si, der schon in hervorragender Weise die Schrift in einer überall verständlichen Weise vereinheitlicht hatte, bekam die Aufgabe, eine Auswahl an Beamten aller Ämter und Stufen zu treffen, damit der Kaiser in seiner Gnade diese für alle Auszeichnen könne. Li Si nahm sich dieser Aufgabe in einem Maße an, die nicht überall Gefallen fand: Er war nicht nur großzügigen Zuwendungen gegenüber immun, sondern auch nicht bereit, besondere und überragende Leistungen anzuerkennen. »Der Kaiser will nicht den Einzelnen loben und auszeichnen, sondern Einzelne für die Leistungen aller«.
Li Si reiste durch das Land, studierte Beamtenlisten, verfasste und verwarf Kriterien und hatte endlich, nach zwei Jahren unermüdlichen Suchens, eine Liste mit vierhundert Beamten des ganzen Reiches zusammen, beginnend beim einfachen Boten bis hin zum obersten Minister der kaiserlichen Zeremonien. Als der Kaiser die Liste studierte, sagte er erstaunt: »Du selbst, Li Si, stehst nicht auf der Liste und bist doch einer meiner fähigsten Beamte.« Li Si, vor dem Kaiser kniend, den Kopf am Boden, antwortete ohne aufzusehen: »Durch die Auszeichnung dieser vierhundert kaiserlichen Diener werde auch ich in gebührendem Maße ausgezeichnet.« Der Kaiser entließ ihn, hochzufrieden einen so treuen und selbstlosen Minister zu haben, und beauftragte einen anderen, mit der Vorbereitung der Auszeichnungszeremonie.
»Und doch ist eigentlich alles umsonst«, sagte der kaiserliche Türöffner beim Abendessen zu seiner Frau. »Wenige Wochen nach der Auszeichnung wird sich kein Beamter im ganzen Reich mehr daran erinnern, dass diese vierhundert für alle ausgezeichnet wurden. Die Orden tragen die vierhundert an der Brust und nur diese werden sich künftig darauf berufen dürfen. Und nur die Kindeskinder der ausgezeichneten Beamten werden künftig darauf verweisen können, dass ihr Ur-Ur-Großvater vom Kaiser Qin Shihuangdi ausgezeichnet wurde.
»Und doch ist eigentlich alles umsonst«, sagte der kaiserliche Türöffner beim Abendessen zu seiner Frau. »Wenige Wochen nach der Auszeichnung wird sich kein Beamter im ganzen Reich mehr daran erinnern, dass diese vierhundert für alle ausgezeichnet wurden. Die Orden tragen die vierhundert an der Brust und nur diese werden sich künftig darauf berufen dürfen. Und nur die Kindeskinder der ausgezeichneten Beamten werden künftig darauf verweisen können, dass ihr Ur-Ur-Großvater vom Kaiser Qin Shihuangdi ausgezeichnet wurde.
Horst-Dieter Radke
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