Donnerstag, 11. November 2010

Das Pfefferkorn und die Pille


Zur Pille sprach ein Pfefferkorn,
Aus Eifersucht und voller Zorn:
Du magst dich noch so schön verhüllen,
Man schluckt dich doch mit Widerwillen.
Mich nimmt man mit Vergnügen ein,
Und möcht ich auch noch schwärzer seyn;
Man braucht mich der Gesundheit wegen,
ich muß den kranken Magen fegen.

Die Pille sprach: just umgewandt;
Ich bin bey Höfen doch bekannt,
Dich thut der Baur in Finkeljochen,
Du mußt in grober Grütze kochen;
Du wirst vom Höcker nur geehrt,
Mir giebt ein Doctor meinen Wehrt.

Die Wollust gleicht den bittern Pillen,
Die sich in Gold und Silber hüllen;
Der Sünden Anbiß glänzet schön,
Läßt man ihn ins Geblüte gehn,
So bleibt sein Gift im Körper sitzen,
Denn hilft kein Vomitiv noch Schwitzen;
Wird auch der Körper gleich gesund,
So bleibt die Seele doch verwundt.

Neue Fabeln und Erzehlungen in gebundener Schreibart
Hamburg, verlegts Conrad König, 1749

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