Samstag, 7. Mai 2011

Die Fischotter kurirt


Die 75. Fabel

Ein Wolf ward einsmals von einem hitzigen Fieber angegriffen. Die Fischotter bot ihm darauf ihre Dienste an, mit der Versicherung: sie wollte das Fieber in wenigen Tagen vertreiben. Der Wolf unterwarf sich auf diese Versicherung ihrer Kur; aber den Tag darauf starb er. Dadurch entstund zwischen der Fischotter und den Anverwandten des Verstorbenen ein Proceß; denn diese bestunden darauf: Die Arzteney habe ihn aus der Welt geschafft. Die Fischotter hingegen meynte, sie habe ihrem Versprechen Folge geleistet, und diesfalls habe sie ihre Bezahlung verdient. Sie sagte: Der Patiente starb zwar, aber das Fieber verließ ihn in der bestimmten Zeit.

Diese Fabel zeiget, daß auf diese Art die größten Krankheiten zu kuriren sind. Ja diese Kur schläget niemals fehl.

Moralische Fabeln mit beygefügten Erklärungen einer jeden Fabel
Aus dem Dänischen des Herrn Barons von Holberg
übersetzt durch J.A.S.K.D.E.
Leipzig 1752

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