Es haben mehre das didaktische Gedicht ebenso verdächtig gemacht, wie das beschreibende; aber anstatt wegen mislungener Gedichte dieser Art die ganze Gattung zu verwerfen, hätten sie an diesen nun zeigen sollen, wie man es nicht anzufangen habe, um bei didaktischem Vortrag den Zweck der Poesie nicht zu verfehlen. Sie würden dann drei Regeln daraus gezogen und zur Warnung aufgestellt haben: 1) keinen Stoff zu wählen, der blos den verstand beschäftigen kann, 2) einen streng wissenschaftlichen Vortrag zu vermeiden und 3) nicht zu glauben, daß mit dem sogenannten ornatus poeticus alles abgethan sei, denn es ist auch hier weniger um Poesie des Stils, als um den Stil der Poesie zu thun.
Wahrheiten sind im Allgemeinen der Stoff zu deinem didaktischen Gedichte … Dieses Stoffes aber muß sich die Einbildungskraft bemächtigen und Begeisterung für ihn bewirken, um eine ästhetische Stimmung des Gemüths dadurch hervorzubringen. Bei der Darstellung muß daher eine andere Methode, als die Lehrmethode des Verstandes, befolgt werden, und der Ausdruck darf des poetischen Colorits nicht ermangeln. Verstand und Vernunft sollen durch die Einbildungskraft auf das Gefühl wirken. An eine bestimmte Form ist das didaktische Gedicht dabei nicht gebunden, es kann dazu die epische, die dramatische und die lyrische gewählt werden. Dagegen hat die didaktische Poesie besondere Arten von Einkleidung, den Spruch (Gnome), den Brief, den Dialog; ja es sind für ihren Zweck eigenthümliche Dichtungen erfunden, die allegorischen: die Allegorie, die Parabel und die äsopische Fabel.
aus:
allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste
1833, Leipzig
S. 522
allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste
1833, Leipzig
S. 522
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