Mittwoch, 9. Juni 2010

Die 3. Fabel: Von einem Affen


Ein Affe, dem ein Erbgut zugefallen war, legte sich eine treffliche Equipage zu; ließ sich mit Gold gestickte Kleider machen, und, damit ihn alle und jede in seiner Herrlichkeit und Pracht sehen könnten, so stieg er auf einen Hügel, der an einer Landstrasse war. Ein andres Thier, welches vorbey gieng, und den Affen in dieser Positur gewahr ward, sagte zu ihm: Alles dieses dienet nur dazu, daß deine Häslichkeit und übele Gestalt desto merklicher werde. Quo altior es, eo turpior. Je höher, je hässlicher!

Diese Fabel lehret, daß es manche Leute giebt, deren schlechte Eigenschaften nicht eher bekannt werden, als bis sie in Ehrenämter und auf den grossen Schauplatz der Welt kommen, wo ihre Unvollkommenheiten allen in die Augen fallen.

Moralische Fabeln
mit beygefügten Erklärungen einer jeden Fabel
Aus dem Dänischen des Herrn Barons von Holberg
übersetzt durch J.A.S.K.D.E.
Leipzig 1752

1 Kommentar:

Lebenskünstler hat gesagt…

Also das ist ja mal wieder was direkt zum Einrahmen und Aufhängen - :-)
mit einem Gruss aus Dänemark, von Lebenskünstlerin