Freitag, 1. Mai 2015

Der Wanderer und das Irrlicht

Ein Wanderer sah des Nachts auf seinem Wege ohnweit von sich ein Irrlicht; ging ihm gradezu nach; kam vom rechten Pfade ab, und versank bis über die Knöchel in einem tiefen Sumpfe.
Ha, verwünschtes, vermaledeites Trugbild, rief er aus: warum mußtest du mich hierher führen?”
“Ich dich geführt? erwiderte das Irrlicht. Um Verzeihung, ich verdiene diesen Vorwurf nicht. Du gingst mir ia freiwillig nach. Niemand, als du selbst, gab dir den Rath, mir zu folgen.”

Gern schiebt der Mensch im Unfalle die Schuld auf einen andern. Aber er prüfe sich genauer, und er wird größtentheils finden, daß er selbst davon die Quelle sey.

A.G. Meißner
Fabeln in VIII Büchern
Berling 1807

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