Mittwoch, 30. Mai 2012

Eine fabelhafte Entdeckung


Ich wollte mir die Ausstellung von Otto Modersohn und seiner dritten Eherfrau Louise Modersohn-Breling ansehen. Wir leben schon so lange hier und hatten nie Zeit dafür gefunden. Da ich Kopfschmerzen hatte und nur so halbgar vor mich hingearbeitet habe, dachte ich mir gegen Mittag, besser ist, ich schau mir was schönes an. Also ins Auto gesprungen, nach Wertheim gefahren, ins Grafschaftsmuseum gegangen, brav die Modersohn-Ausstellung aufgesucht und die Bilder angeschaut. Nett. Teilweise auch schön. Aber beeindruckt war ich nicht. In die anderen Säle habe ich nur kurz reingeschaut. Die Kopfschmerzen waren weg und ich wollte wieder heim. Vorher kaufte ich mir noch ein Heft über die Ausstellungen des »Schlösschen im Hofgarten« (auch in Wertheim) und kam mit der Dame an der Kasse ins Gespräch. Aus einem Nebensatz entnahm ich, dass es auch noch Karikaturen gab.

»Die nehm ich noch mit«, sagte ich und ließ mir den Weg zeigen. Als ich die Federzeichnungen von den Futterer-Brüder sah, war ich hin und weg. So etwas hatte ich noch nicht gesehen. Teilweise sahen die wie Fotografien aus und man musste näher rangehen um sie als Federzeichnung zu identifizieren. Besonders ein Frauenkopf hatte es mir angetan. Bekannt wurden die Brüder Futterer durch ihre Karikaturen für die Satirezeitschrift Meggendorfer Blätter (1889 - 1928) Allerdings gibt das Wort »Karikatur« nicht wirklich wieder, was sie da abgeliefert haben. Mit schnell hingeworfenen Strichen etwas zu überzeichnen, was viele Karikaturisten machen, war die Sache August Futterers nicht. Deutliche gezeichnete Linien, Licht- und Schattenkontraste, exakte und nicht oberflächlich ausgeführte Schraffuren unterschiedlichster Art, mit der feinste Grauabstufungen erzeugt werden konnten - all dies ließ diese Karikaturen nahe an eine Fotografie herankommen. Seine Maxime »Was ist, das ist auch darstellbar« wird so ohne weitere Erläuterung deutlich.

Die Ölbilder Josef Futterers fand ich um Klassen besser als die von den Modersohns. Ein Freund des Malers dichtete mal zu seinem Geburtstag

Futterer Josef – München - Kunst
Maler, self-made-man, viel Dunst.
Pfälzer Bauern - warm und kalt
Je nach Ausdruck - jung und alt,
sind's für die die blauen Lappen
Kunstmäzene gern berappen.
Eigenart'ger Lichteffekt
ist's was Futterer bezweckt,
DER und große Farbverschwendung
Zeigen eine Kunstvollendung.
Erst fragt man sich, was soll's sein?
Endlich dämmert's: Ah wie fein
Ausgedrückt im flotten Sitl
Was der Künstler sagen will


Genau so - irgendwo im Impressionismus ist er angesiedelt, wenn er nicht gerade mit der Feder zugange war.

Ich wollte gar nicht wieder weg - aber das Museum machte schon um 16:30 Uhr zu. Also kaufte ich schnell noch ein Heft über die Futterers, was gut war, denn die Infos über die beiden sind dünn gesät. Selbst bei Wikipedia nur zwei kleine Einträge. In Würzburg soll in der Städtischen Galerie einiges von den Futterern vorhanden sein, da muss ich demnächst mal hin. Und wenn ich wieder mal in München bin, weiß ich, dass ich auch dort in den verschiedenen Ausstellungen (Lenbachhaus, Stadtmuseum, Städtische Galerie) nach Bildern der Futterers fahnden kann.

Horst-Dieter Radke

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