Montag, 23. Januar 2012

Die Nachtigallen und ihr Wärter

Eine alte Fabel, die heute, angesichts der verqueren Bemühungen, das Urheberrecht zu beschneiden, wieder aktuell ist:

Ein reicher Mann, der ein Freund der Nachtigallen war, verreiste auf einige Zeit. Vor seiner Abreise gab er dem NachtigallenWärter eine summe Gelds, um für Futter und andere Bedürfnisse der Nachtigallen zu sorgen. Der Wärter aber behielt das Geld für sich, und ließ die Nachtigallen darben. Bey der Rückkehr des Herrn waren die Sängerinnen stumm und traurig.

„Warum“, fragte der Herr, „singet ihr, und freuet euch nicht über meine Ankunft?“

„Wer sollte singen, und sich freuen“, sagten die Nachtigallen, „wenn man uns Not leiden lässt?“
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Wie sollten Künste und Wissenschaften im Staate blühen, wenn Künstler und Gelehrte hungern müssen?

Joseph Krause
Fabeln für unsre Zeiten und Sitten
Strasburg und Mainz, 1801

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