Samstag, 24. Dezember 2011

Ahorn und Tanne


Die junge Tanne
Bist du der Baum, den Xerxes so verehrt?
Den er mit Gold und Purpur schmückte? *)

Der Ahornbaum
Der bin ich! hast du auch davon gehört?

Die junge Tanne

Ich weiß doch nicht, was ihn so sehr an dir entzückte:
Du bist ein Baum, wie alle Bäume sind.

Der Ahornbaum
Schon recht! allein die Lieb’ ist blind.
Ich nenn’ es freilich lächerlich,
An einem Baum’ Wohltaten auszuüben;
Doch war’s noch besser, mich,
Als einen Bösewicht zu lieben.


Johann Gottlieb Willamov
aus: Dialogische Fabeln
Berlin, 1791




*) Als Xerxes einstens auf seinem Zuge durch Lydia einen hohen Ahornbaum erblickte, verweilte er sich ohne Not einen ganzen Tag bey demselben, und schlug in der Wüste, wo der Baum stand, sein Lager auf. ja er behieng ihn mit vielen Kostbarkeiten, und zierte seine Zweige mit Halsketten und Armbändern. Auch ließ er, als er mit seinem Heere wieder aufbrach, Jemanden zurück, der für den Baum Sorge tragen, und demselben, gleichsam als seiner Geliebten , zum Schutz und zur Wache dienen sollte. S. Aeliuns mannigfaltige Geschichten. Buch II. Kap. 14.

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