Sonntag, 31. Januar 2010

Pegasos-Publikum

O stolzer Prachthengst Pegasus!
Du würdest schnell zur Schindermähre,
Wenn gleich dem Gaul vorm Omnibus
Das »Ziehn« des P.T. Publikus
Dein wahres Privilegium wäre.
Karl Henckell (1864-1929)
Gesammelte Werke
Band 2: Buch des Kampfes
München 1921

Samstag, 30. Januar 2010

Bellerophonsflug


Bellerophonsflug, Flugwerk auf dem Theater, welches eine Person in die Höhe hebt und noch einige Mal im Kreise auf der Bühne herumfliegen läßt; nach dem, auf dem Pegasos fliegenden Bellerophon genannt.
Pierer's Universal-Lexikon
Band 2. Altenburg 1857, S. 543

Mittwoch, 27. Januar 2010

Pegasus im Joche

Auf einen Pferdemarkt – vielleicht zu Haymarket,
Wo andre Dinge noch in Ware sich verwandeln,
Bracht einst ein hungriger Poet
Der Musen Roß, es zu verhandeln.

Hell wieherte der Hippogryph
Und bäumte sich in prächtiger Parade;
Erstaunt blieb jeder stehn und rief:
»Das edle, königliche Tier! Nur schade,
Daß seinen schlanken Wuchs ein häßlich Flügelpaar
Entstellt! Den schönsten Postzug würd es zieren.
Die Rasse, sagen sie, sei rar,
Doch wer wird durch die Luft kutschieren?

Und keiner will sein Geld verlieren.«
Ein Pachter endlich faßte Mut.
»Die Flügel zwar«, spricht er, »die schaffen keinen Nutzen,
Doch die kann man ja binden oder stutzen,
Dann ist das Pferd zum Ziehen immer gut.
Ein zwanzig Pfund, die will ich wohl dran wagen.«
Der Täuscher, hochvergnügt, die Ware loszuschlagen,
Schlägt hurtig ein. »Ein Mann, ein Wort!«
Und Hans trabt frisch mit seiner Beute fort.

Das edle Tier wird eingespannt.
Doch fühlt es kaum die ungewohnte Bürde,
So rennt es fort mit wilder Flugbegierde
Und wirft, von edelm Grimm entbrannt,
Den Karren um an eines Abgrunds Rand.
»Schon gut«, denkt Hans. »Allein darf ich dem tollen Tiere
Kein Fuhrwerk mehr vertraun. Erfahrung macht schon klug.
Doch morgen fahr ich Passagiere,
Da stell ich es als Vorspann in den Zug.
Die muntre Krabbe soll zwei Pferde mir ersparen,
Der Koller gibt sich mit den Jahren.«

Der Anfang ging ganz gut. Das leichtbeschwingte Pferd
Belebt der Klepper Schritt, und pfeilschnell fliegt der Wagen.
Doch was geschieht? Den Blick den Wolken zugekehrt,
Und ungewohnt, den Grund mit festem Huf zu schlagen,
Verläßt es bald der Räder sichre Spur,
Und treu der stärkeren Natur,
Durchrennt es Sumpf und Moor, geackert Feld und Hecken;
Der gleiche Taumel faßt das ganze Postgespann,
Kein Rufen hilft, kein Zügel hält es an,
Bis endlich, zu der Wandrer Schrecken,
Der Wagen, wohlgerüttelt und zerschellt,
Auf eines Berges steilem Gipfel hält.

»Das geht nicht zu mit rechten Dingen«,
Spricht Hans mit sehr bedenklichem Gesicht.
»So wird es nimmermehr gelingen;
Laß sehn, ob wir den Tollwurm nicht
Durch magre Kost und Arbeit zwingen.«
Die Probe wird gemacht. Bald ist das schöne Tier,
Eh noch drei Tage hingeschwunden,
Zum Schatten abgezehrt. »Ich habs, ich habs gefunden!«
Ruft Hans. »Jetzt frisch, und spannt es mir
Gleich vor den Pflug mit meinem stärksten Stier.«

Gesagt, getan. In lächerlichem Zuge
Erblickt man Ochs und Flügelpferd am Pfluge.
Unwillig steigt der Greif und strengt die letzte Macht
Der Sehnen an, den alten Flug zu nehmen.
Umsonst, der Nachbar schreitet mit Bedacht,
Und Phöbus' stolzes Roß muß sich dem Stier bequemen,
Bis nun, vom langen Widerstand verzehrt,
Die Kraft aus allen Gliedern schwindet,
Von Gram gebeugt das edle Götterpferd
Zu Boden stürzt und sich im Staube windet.

»Verwünschtes Tier!« bricht endlich Hansens Grimm
Laut scheltend aus, indem die Hiebe flogen.
»So bist du denn zum Ackern selbst zu schlimm?
Mich hat ein Schelm mit dir betrogen.«

Indem er noch in seines Zornes Wut
Die Peitsche schwingt, kommt flink und wohlgemut
Ein lustiger Gesell die Straße hergezogen.
Die Zither klingt in seiner leichten Hand,
Und durch den blonden Schmuck der Haare
Schlingt zierlich sich ein goldnes Band.
»Wohin, Freund, mit dem wunderlichen Paare?«
Ruft er den Baur von weitem an.
»Der Vogel und der Ochs an einem Seile,
Ich bitte dich, welch ein Gespann!
Willst du auf eine kleine Weile
Dein Pferd zur Probe mir vertraun,
Gib acht, du sollst dein Wunder schaun!«

Der Hippogryph wird ausgespannt,
Und lächelnd schwingt sich ihm der Jüngling auf den Rücken.
Kaum fühlt das Tier des Meisters sichre Hand,
So knirscht es in des Zügels Band
Und steigt, und Blitze sprühn aus den beseelten Blicken,
Nicht mehr das vorge Wesen, königlich,
Ein Geist, ein Gott, erhebt es sich,
Entrollt mit einemmal in Sturmes Wehen
Der Schwingen Pracht, schießt brausend himmelan,
Und eh der Blick ihm folgen kann,
Entschwebt es zu den blauen Höhen.
 

Friedrich Schiller

Dienstag, 26. Januar 2010

Peirēne

Peirēne, eine den Musen heilige Quelle auf der Burg von Korinth, der Sage nach durch den Hufschlag des Pegasos … entstanden.


Meyers Großes Konversations-Lexikon
Bd. 15, 1905, S. 540

Sonntag, 24. Januar 2010

Auch die Gorgonen …





Auch die Gorgonen, die jenseit des schönen Okeanos wohnen
Fern, bei der Nacht, wo dem Sänge der Hesperiden sie lauschen,
Stheino, Euryale auch, und Medusa, die Schlimmes erlitten.
Sterblich war die eine, unsterblich und nimmermehr alternd
Waren die andern: es nahte der Schwarzumlockte der einen
Einst auf üppiger Au' in den Tagen des blumigen Lenzes.
Als ihr Perseus das Haupt mit dem Schwerte vom Rumpfe geschnitten, –
Pegasos ist ihr, das Ross, und Chrysaor, der grosse, entsprungen:
Weil's an Okeanos' Quellen geboren, so ward ihm der Name
Pegasos, – aber ein goldenes Schwert hielt jener in Händen.
Dieser, im Fluge die Erde verlassend, die Mutter der Schafe,
Kam zum Kreise der Götter: er wohnt in des Donnerers Hause,
Blitze und Donner zu bringen von nun an Zeus dem Berater.


Hesiodos
aus: Theogonie
Übers. 1896

Freitag, 22. Januar 2010

Hippogryph


Gustav Dore (Bildquelle: Wikipedia)


Hippogryph, mythisches Thier, einem geflügelten Rosse ähnlich, mit Greifenkopf, der oft auf Kunstwerken an Wagen, besonders an den Wagen Apollos gespannt vorkommt; daher später, in Bezug auf Apollo, als Musengott, gleich dem Pegasos, für Musenroß genommen. Der H. kommt in neuerer. Zeit zuerst bei Bojardo u. Ariost vor (Ippogrifo), von denen ihn Wieland (im Oberon) entlehnt hat.


Pierer's Universal-Lexikon
Band 8. Altenburg 1859

Donnerstag, 21. Januar 2010

Pegasus


Jacopo de Barbari: Pegasus (ca. 1480/1515)

Für Carl Schmitt

Auf großen Wogen, Sohn der Gorgo, fliege,
Beschwingtes Roß, ins Tagesgold empor!
Ich blicke hin, aus buntem Bogentor
Der Sonne, nach bedrohtem Wolkensiege:

Die Nebel perlen ihr, als Himmelsstiege,
Erschreckt und rasch zu Tal: sie fruchtet vor.
Doch Pegasus, nun strahl als Meteor,
Entzück mein Blut zum Sang im Sonnenkriege!

Wir folgen dir durchs Flügeln unsrer Ruder:
Ein Glückender, Berufer, stürz dir nach!
Ich traue ihm durch Glauben an den Bruder.

Erlieblichung der Schwester aus der Schmach
Gelingt dem Irdischen: den Urfluch lud er
Auch seinem Herzen auf, das Mut versprach.


Theodor Däubler
aus: Attische Sonette,
Leipzig 1924

Mittwoch, 20. Januar 2010

Der Roßkäfer



Von Helden, Schlachten, Abenteuern,
Weißt du so viel uns vorzuleyern,
Warst du denn immer vorne dran?
So redete mit heisrem Blöcken
Am Hof des Ritters Hadrian
(Es war zur Zeit der armen Gecken)
Der Stallbock einen Käfer an,
Dem die Natur die Citadelle
Des Pferdes, die der Schwanz bedeckt,
Zu seinem Wohnsitz ausgesteckt.
Ich, sprach er, war der Spießgeselle
Von manchem hochberühmten Held:
Er trug mich hinter seinem Rosse
Incognito durch alle Welt.
Dieß hörte der Poet vom Schlosse;
Er schleichet sich zum Pegasus,
Den eben itzt in seinem Glanze
Ein ächter Sohn des Latous
Bestieg; er fasset ihn beym Schwanze,
Flog baumelnd mit ihm auf und schrie:
Triumph! auch ich bin ein Genie.


Gottlieb Konrad Pfeffel
Poetische Versuche
Tübingen 1802

Dienstag, 19. Januar 2010

Bellerophon und Pegasos


Bildquelle: Wikipedia

Pegasos war ein geflügeltes Roß, welches, kaum entstanden, sich zu den himmlischen Wohnungen der Götter emporschwang. Hier nahm es der Gott des Himmels, Zeus, an seinen Wagen, mit dem er donnernd über die Wolken hinfuhr, und aus den Hufen sprühten feurige Blitze. Eine spätere Fabel erzählt: Pegasos weidete wild an den Quellen bei Korinth. Bellerophon, ein edler Jüngling aus dieser Stadt, bemühte sich lange vergebens, das Thier zu bändigen. Endlich, als er einst in dem Tempel der Minerva schlief, erschien ihm im Traume die Göttin und überreichte ihm einen goldenen Zügel. Der Held erwachte, fand den Zügel, beschlich das aus dem Quell trinkende Pferd, warf ihm den Zaum über, und schwang sich glücklich hinauf. Davon wurde das Thier Pegasos, d.i. Quellpfed, genannt. Mit andern Worten: man kannte schon lange das Pferd, ehe man es zu zügeln vermochte. Endlich erfand ein Jüngling die Kunst, es zu bändigen. Er machte sich einen Zaum, bemächtigte sich des Thieres, als es trinkend ihn nicht bemerkte, und bändigte es durch das Gebiß. – Aber Bellerophon wurde bald übermüthig. Er schwang sich mit dem Flügelpferde in die Luft und strebte zum Himmel empor. Die Götter, welche jeden Uebermuth rächen, schickten eine Bremse, die das Thier stach, und dieses warf hochaufbäumend, den stolzen Jüngling herab, der kaum mit dem Leben davon kam. Pegasos aber schwang sich wieder zum Wohnsitze der Götter empor, und diente dem Zeus, bis Eos, die Göttin der Morgenröthe, ihn sich vom Zeus ausbat. Sie spannte ihn vor ihren Wagen, und jeden Morgen fuhr sie mit ihm den Himmel hinauf. Eine andere spätere Dichtung sagt: Einst forderten die Töchter des Königs Pieros die Musen zum musikalischen Wettstreit auf. Auf dem Helikon wurde er gehalten. Als die Mädchen sangen, verfinsterte sich die Luft vor den Mißklängen ihrer Stimmen. Nun aber begannen die Musen, und ihr Gesang war so himmlisch, daß Himmel und Erde hoch aufhorchten, die Sterne ihren Lauf hemmten, um zu hören, und das Meer und die Flüsse lauschend still standen. Ja der Helikon schwoll vor Wonne immer höher und höher auf, so daß dem Poseidon, dem Gotte des Meeres, bange wurde, der Berg möchte zuletzt gar den Himmel erreiche. Darum schickte er den Pegasos herab, dem Steigen des Berges zu wehren. Das that auch das Pferd. Es stampfte mit mächtigem Hufschlage auf die Spitze des Helikon, der nun stillstand. Aber es entsprang aus dem Hufschlage eine Quelle, die Hippokrene, von deren Wasser alle die, welche daraus tranken, begeistert wurden.


Friedrich Nösselt
Lehrbuch der griechischen und römischen Mythologie
für höhere Mädchenschulen und die
Gebildeten des weiblichen Geschlechts
Leipzig 1828

Montag, 18. Januar 2010

Pegasos



Pegasos (gr.), auch Pegasus (lat.) war in der griechischen Mythologie das Kind des Meeresgottes Poseidon und der Gorgone Medusa. Es gibt verschiedene Varianten der Geburt: Pegasos entsprang Medusas Nacken, als sie von Perseus geköpft wurde, oder es enstprang der Erde dort, wohin Medusas Blut getropft sei. Pegasos brachte Blitz und Donner zu Zeus und trug dann Bellerophon in den Kampf gegen die Chimären und Amazonen. Später kehrte Pegasos zum Olymp zurück. Durch Pegasos Hufschlag entstand auf dem Gebirge Helikon ein Brunnen, ein heliger Quell, aus dem alle Dichter trinken. Pegasos wurde in ein Sternbild verwandelt und verlor dabei seine Flügel. Vermutlich ist das Bild des geflügelten Pferdes älter, als die griechische Sage, denn es finden sich auch Abbildungen in Kleinasien, die älter sind als die griechische Kultur.


Horst-Dieter Radke

Sonntag, 17. Januar 2010

Myson



Myson war einst in Griechenland
Als weiser Mann weithin bekannt.
Er war zwar arm, doch sehr zufrieden,
Gesellschaft ward von ihm gemieden,
Und fern in einem dunkeln Hain
Lebt er der Wissenschaft allein.
Es herrschte ringsum tiefe Stille,
Die nur er selbst durch lautes Lachen
Bisweilen unterbrach.
Man staunte über diese Grille,
Und kam zu ihm, um ihn zu fragen
Wie er in seiner Lag’,
Ganz einsam und allein,
So munter könne seyn?

»Ei, Freunde!« – sprach er –
    »dieses will ich euch wohl sagen;
Gerade weil ich einsam bin, kann ich so lachen!«


Jean-Pierre Claris de Florian
aus: Florians Fabeln
frei metrisch bearbeitet
von Conrad Samhaber,
kgl. Kreis- und Stadtgerichts-Rathe zu Fürth
München 1834

Samstag, 16. Januar 2010

Die Freude der Fische


Dschuang Dsi ging einst mit Hui Dsi spazieren am Ufer eines Flusses.
Dschuang Dsi sprach: »Wie lustig die Forellen aus dem Wasser herausspringen! Das ist die Freude der Fische.«
Hui Dsi sprach: »Ihr seid kein Fisch, wie wollt Ihr denn die Freude der Fische kennen?«
Dschuang Dsi sprach: »Ihr seid nicht ich, wie könnt Ihr da wissen, daß ich die Freude der Fische nicht kenne?«
Hui Dsi sprach: »Ich bin nicht Ihr, so kann ich Euch allerdings nicht erkennen. Nun seid Ihr aber sicher kein Fisch, und so ist klar, daß Ihr nicht die Freude der Fische kennt.«
Dschuang Dsi sprach: »Bitte laßt uns zum Ausgangspunkt zurückkehren! Ihr habt gesagt: Wie könnt Ihr denn die Freude der Fische erkennen? Dabei wußtet Ihr ganz gut, daß ich sie kenne, und fragtet mich dennoch. Ich erkenne die Freude der Fische aus meiner Freude beim Wandern am Fluß.«

Dschuang Dsi
Übers.: Richard Wilhelm, 1912

Freitag, 15. Januar 2010

Die Mutter von Mythe, Sage, Märe und Fabel

… daß die Sage von der Lorelei ursprünglich nicht ächt volksthümlich und erst durch Cl. Brentano und Heine gemacht worden sei. Nunmehr freilich ist sie volksthümlich geworden, durch die Macht der Poesie, die wir schon … die Mutter von Mythe, Sage, Märe und Fabel nannten.


Ludwig Bechstein
Mythe, Sage, Märe und Fabel
im Leben und Bewußtsein des deutschen Volkes
Dritter Theil, Leipzig 1855

Donnerstag, 14. Januar 2010

Der Kater und das Katerchen



Foto: Anja Stiller

Es war einmal ein kleiner Kater,
der knurrte täglich sehr;
da sprach zu ihm sein alter Vater:
Komm, Söhnchen einmal her!
Und als das Söhnchen zu ihm kam,
der Vater einen Maulkorb nahm
und steckt ihm Nas und Maul hinein,
auf daß er lernte freundlich sein
und knurrte künftig nicht so sehr.
Da ging er sehr betrübt einher
und knurrte ferner gar nicht mehr.

Und jeder merke sich die Lehr;
sonst kommt des kleinen Katers Vater
und tut ihm wie dem kleinen Kater.



Johann Heinrich Campe

Mittwoch, 13. Januar 2010

Außerirdische, Fabelwesen und Dämonen

Die 6. Ausgabe von »Phase X - Das Magazin für Phantastik« steht unter dem Thema »Außerirdische, Fabelwesen und Dämonen.« Es ist herausgegeben von Michael Schmidt und Ulrich Blode und im Atlantis-Verlag erschienen.
Ein Beitrag von Carsten Pohl beschäftigt sich mit dem Äußeren und dem Charakter von Aliens, Elfen und Dämonen (Das Antlitz der Phantastik). Über die »Fabelwesen aus 1001 Nacht« informiert Oliver Kotowski. Christel Scheja nimmt sich der Fabelwesen im Schatten der Drachen an (Greif und Phönix). Ralf Steinberg und Christian Endres suchen im Gespräch mit Alan D. Foster zwischen Aliens, Insekten, Ottern und Terminatoren nach bislang unbeschriebenen Wesen (Wo sind die weiblichen Orks?). Die Beiträge zeigen genügend Tiefgang, wenngleich man natürlich keine erschöpfende Abhandlung erwarten darf. Literaturhinweise führen aber jeweils weiter.
Dazu gibt es Artikel über Arthur C. Clark (Das Jahr, in dem ich Kontakt aufnahm), über Michael Crichton (Ein letztes Mal im Dino Park), Ray Bradbury (Der Poet der Phantasie), zahlreiche Rezensionen und die Kurzgeschichte »Ein Spion auf Europa« von Alaistar Reynolds.



Horst-Dieter Radke


Dienstag, 12. Januar 2010

Der Basilisk auf dem Burgberge



Auf dem Burgberge und in seiner Umgebung hat sich früher eine ungeheure Schlange gezeigt, die ist so lang gewesen wie ein Heubaum und wird von einigen die große Otterschlange, von den meisten aber der Basilisk genannt. Einige halten dafür, daß die weiße Jungfer aus dem Schloßbrunnen sich habe in diese Schlange verwandeln können, andere sagen: die Schlange sei der Teufel gewesen, der die Schätze in den unterirdischen Gängen und Höhlen von außen bewacht habe. Das wissen die meisten, daß der Basilisk der Schätze wegen da gewesen sei, die in dem Gange hinter der eisernen Thür sind, und daß er den Menschen hat Furcht einjagen sollen, wiewohl er niemanden etwas gethan hat. Oft hat er auf der Burgwiese da gelegen und den Kopf auf den Boden gescheuert. Endlich, bei einem Waldbrande an der Stelle, die jetzt die Brandklippe heißet, soll der Basilisk mit verbrannt sein und einen furchtbaren Quik gethan haben. Aber andere sagen, der Basilisk sei seitdem schon wieder gesehen worden. Einmal soll auch ein junger Basilisk gesehen worden sein, der hat ausgesehen wie eine Puppe.


Heinrich Pröhle
Harzsagen,
zum Teil in der Mundart der Gebirgsbewohner
Leipzig 1886

Montag, 11. Januar 2010

Die widerspenstige Ziege



Ein Hirte wollt’ die Ziegen in den Hof treiben,
Zur Stallung. Wie die kamen, andre ausblieben,
So traf er eine mit ‘nem Stein im Hohlschlunde
Von weitem, als sie widerspenstig Geisblätter
Abnagt’ und Mastir, daß das rechte Horn abbrach.
Da bat er stehend: »Liebes Zicklein, Dienstschwester,
Beim Pane, bitt’ ich, bei dem Hort der Waldschluchten,
Verrath’ mich, liebes Zicklein, nicht dem Gutsherren!
Der Stein hat’s Horn getroffen ohne mein Zielen.«
Die sprach: »Wie kann ich offenbare That leugnen?
Es schreit das Horn, auch wenn ich ewig stillschweige.«



Johann Adam Hartung
aus: Babrios und die älteren Jambendichter
Leipzig, 1858

Sonntag, 10. Januar 2010

Der Esel in der indischen Fabel



Ebenso ist auch ferner der Esel als Prototyp der Dummheit schwerlich indische Erfindung: den Indern gilt derselbe vielmehr, wohl seiner Störrischkeit und Bissgkeit wergen, für ein dämonisches mit den Mächten des Todes in Verbindung stehendes Wesen. Der gardabha ist den raxas geweiht …: wer im Traume auf einem Eselbespannten Wagen fährt, dem steht der Tod bevor…: wer sein Keuschheitsgelübde gebrochen hat, opfert einen Esel (wohl als Symbol der Geilheit)… Im Uebrigen erscheint er als ein zeugungskräftiges Hausthier, wird mit Pferd und Ziegenbock zusammen geopfert um den Platz für den cityâgni zu heiligen, und entsteht … nebst Ross und Maulthier aus dem Ruhm (yaças), welcher dem Ohr des getödteten Viçvarûpa Tvâshtra entfloss, worin der Bezug auf sein lautes Geschrei wohl nicht zu verkennen ist. Letztrem verdankt er seine beiden häufigsten Namen gardabha, râsabha, andre seiner Wildheit, khara, und seinen Genitalien, cakrivant, ciramehin. Ein einziger Name unter den in den Lexicis aufgeführten, Bâleya, bezeichnet ihn als sanft, für Kinder passend, nirgendwo aber ausser in der Fabel erscheint er als dumm. Es kann somit die betreffende Vorstellung den Indern wohl nur aus der Fremde zugekommen sein.


A. Weber
Ueber den Zusammenhang indischer Fabeln mit griechischen
Eine kritische Abhandlung
Berlin, 1855

Freitag, 8. Januar 2010

Das vernünftig gesparte Blut

Der Pelecan sah aus den Eyern, die er gebrütet hatte, Gukguke hervorkriechen, die ein solcher ihm untergeschoben hatte. Er rief: Hilte man mich für so dumm, daß ich euch für meine Jungen ansehen, und mir die Brust aufrizen würde, euch mit meinem Blute zu erquiken? - Dann warf er sie aus seinem Neste auf eine Klippe.


Lessingische, unäsopische Fabeln
Enthaltend die sinnreichen Einfälle und weisen Sprüche der Thiere
Nebst damit einschlagender Untersuchung der Abhandlung Herrn Lessings von der Kunst Fabeln zu verfertigen
Zweyte Auflage
Zürich, bey Orell, Geßner und Comp. 1767

Donnerstag, 7. Januar 2010

Die Gänse und die Kraniche



Als einige Vogelfänger einst auf der Jagd waren, bemerkten sie auf einem Felde mehrere Kraniche und Gänse, auf welche sie spornstreichs zueilten, um sich ihrer zu bemächtigen. Die Kraniche erhoben sich bei Annäherung der Gefahr mit Leichtigkeit in die Luft, und entgingen so dem Verderben, die Gänse aber, welche zu fett und zu schwer waren, um sich durch die Flucht retten zu können, wurden ergriffen und getötet.


Äsop

Mittwoch, 6. Januar 2010

Bärendienst




Die Redensart, jemanden einen »Bärendienst« erweisen, geht vermutlich zurück auf die Fabel, in der ein Bär bei dem Versuch, Fliegen abzuwehren, seinen Herrn erschlug.