Mittwoch, 30. September 2009

Eine Mordthat durch eine Kröte entdeckt


Selten nur bleibt eine böse That ganz verborgen und oft noch im spätesten Alter muß, der sie beging, sie büßen. Eine Frau die in einer unzufriedenen Ehe mit ihrem Manne lebte, beschloß, da sie schlecht und boshaft war, ihn aus der Welt zu schaffen, und beredete einen eben so elenden Menschen ihr in diesem Vorhaben beizustehen. Beide schlichen sich in der Nacht, als der Mann ganz sorgenlos schlief, an sein Bette, und schlugen ihm einen Nagel in den Kopf, der ihn augenblicklich tödtete; dann verbreitete sie das Haar über den Kopf des Nagels, daß er nicht zu sehen war. Am andern Morgen erhub die Frau ein großes Geschrei und rief ihre Hausgenossen zusammen, um ihnen ihren, vom Schlage getroffenen, und gleich todt gebliebenen Mann zu zeigen. Da sich keine Wunde oder sonst eine Spur einer gewaltsamen Verletzung zeigte, schöpfte Niemand einen Verdacht, daß die Frau seinen Tod befördert habe. Er ward begraben, und die Wittwe und ihr Mordgehülfe heiratheten sich. Daß sie nie ein ruhiges, zufriednes Leben kannten, ist gewiß; doch lebten sie über zwanzig Jahre hindurch, dem Anschein nach, glücklich. Nach Verlauf dieser Zeit ward die Gruft, in welcher der Gemordete ruhete, geöffnet, um sie auszuräumen, weil sie zu sehr angefüllt war. Es werden dann die Gebeine derer, die schon lange gestorben sind, aus der Gruft genommen und ins Beinhaus gethan, um Platz für folgende Leichen zu machen. Die Todtengräber sahen mit Erstaunen einen Todtenkopf hin und her rollen, und als sie ihn genauer untersuchten, fanden sie eine Kröte in demselben, die durch ihre Bewegungen das Rollen des Kopfes bewirkte; aber auch einen eisernen Nagel, der tief durch die Hirnschale ins Gehirn gedrungen war, entdeckten sie. Auf die Anzeige ward sogleich eine Untersuchung angestellt, und da nach der Angabe des Kirchenbuches und der Todtengräber, die zu jener Zeit gelebt hatten, sich nicht bezweifeln ließ, wem der Kopf gehörte, wurden seine Mörder eingezogen und verhört. Ihre Bestürzung und ihre Unruhe verriethen sie, und bald gestanden sie ihr Verbrechen ein, das nach den Gesetzen mit dem Tode bestraft ward.

Karoline Stahl
Fabeln, Mährchen und Erzählungen für Kinder

2 Kommentare:

Lebenskünstler hat gesagt…

Ist dieses stattliche Tier etwa Gerda?! Sie sieht ja recht imposant aus:-)

Fabelhaft hat gesagt…

Nein, Gerda ist hier zu sehen:
http://fabuloes.blogspot.com/2008/12/krtenfabeln-und-sagen.html