Sonntag, 5. April 2009

Der Adler und der Schmetterling


Ein Sonnenadler, den sein Flug
Bis an die höchsten Wolken trug,
Ward durch den Wald von tausend Zugen
Als aller Vögel Fürst besungen.
Lob zeigt den Neid, ein Schmetterling,
Ein kleines, aber stolzes Ding
Vermaß sich ohne Scheu dem Adler gleich zu fliegen,
wo nicht, ihm annoch obzusiegen.

Der Adler nahm den Wettstreit an,
Als man ihm solches kund gethan,
Und ließ dem Wolkendiebe sagen,
Es morgen früh mit ihm zu wagen.
Der Adler war schon lange da,
Eh sein Bestreiter kam, der auf der kurzen Reise
auf manches Blümchen flog, und da und dorthin sah,
nach aller Schmettelringe Weise.
So kam er an, und gleich darauf
Erhob der Adler sich zu den sphgirnen Höhen,
Der kleine Harlekin rafft sich nun gleichfalls auf,
Und läßt die bunten Flügel gehen.

Allein er war nicht weit, als schon ein Wirbel kam,
Der ihn vor aller Augen nahm,
Und rücklings mit herunter brachte:
Es war kein Vogel, der nicht lachte.

***

Ihr kleinen Dichter, merkts, und wagt euch nicht zu viel
Gebietet eurer Eigenliebe;
Sonst gehts euch, wie dem Wolkendiebe,
Aus einem Bav wird kein Virgil

Magnus Gottfried Lichtwer

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