Donnerstag, 5. März 2009

Habicht und Nachtigall

Nun sei den Fürsten ein Mährchen erzählt, die ja selber auch einsehn.
So zur Nachtigall einst, der melodischen, sagte der Habicht,
Als er, mit Krallen gefaßt, durch hohes Gewölk sie einhertrug.
Sie, wehklagendes Lauts, von den spitzigen Krallen verwundet,
Jammerte; jener darauf, voll herrisches Trozes, begann so:

Was, Unselige, schreist du? Ein Stärkerer hält dich gebändigt!
Du mußt gehn, wie ich führ', obschon du dich Sängerin rühmest.
Dich nach Gefallen bereit' ich zum Schmause mir, oder entlass' ich.
Sinnlos, wer sich vermißt, der Gewalt zu begegnen mit Ohnmacht:
Sieg erlanget er nie, und trägt zum Schimpfe den Kummer.

So im sausenden Schwunge der weitgeflügelte Habicht.

Hesiod, aus: Werke und Tage
Übersetzer: Johann Heinrich Voß

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